Die letzten fünf Tage unseres Floattrips fischen Robert und ich ausschliesslich im Fluss, von den Seen haben wir nun genug gesehen. Der Kaitum fliesst ruhig aus dem See, die Strömung spürt man kaum. Wir sind immer wieder beeindruckt. Der Fluss ist sehr breit, aber manchmal mittendrin kaum 40 cm tief. Tiefe Pools, viele Meter tief, öffnen sich von einem Meter auf den anderen. In den folgenden Tagen sind wir immer wieder damit konfrontiert. Man watet im Fluss und ist auf einmal weit weg vom Ufer, und man steht plötzlich unmittelbar vor einem dieser tiefen Pools, dann die Strömung…ich habe am zweitletzten Tag im Fluss meine Pol-Brille verloren und musste den Weg ans Ufer ertasten. Nicht lustig. Robert ging ab und zu lange Wege, bis er aus einer guten Stelle mitten im Fluss wieder am Ufer war.
Wir campen während drei Tagen auf einer Insel im Kaitum, die etwa 800 Meter lang ist. Wir fischen, bis die Arme schmerzen. Die drei Tage sind wohl das Highlight unserer Tour. Die Fischerei ist vielseitig, gleich am Camp ist eine schöne Stelle, in der wir mit der Trockenfliege die Tour starten können. Tiefe Pools, ruhiges Wasser, Strömungen, Rieselstrecken, grosse Steinblöcke, für Abwechslung ist gesorgt. Obwohl nur ein paar Kilometer flussaufwärts eine Lodge steht, fischen wir die ganze Zeit alleine und landen in diesen Tagen viele, richtig viele Fische. Im Lauf der letzten 10 Tage haben sich dabei die folgenden Favoriten immer wieder bestätigt: Grün-braune Nymphe (Gr.18-20), Klinkhammer, olive Nymphe (Gr. 12-14), roter Besen (von links).
Bei der bekannten Lodge am Auslaufs des Sees haben wir einen kurzen Stopp gemacht und unsere Lizenz abstempeln lassen. Damit ist man berechtigt, im Schutzgebiet auf den ersten Flusskilometern zu fischen. Die Berechtigung ist kostenlos, es geht um das Briefing über Rechte und Pflichten in diesem Abschnitt. Im Gebiet schwimmen markierte Äschen, die nach 15(!) Jahren wieder gefangen und zurückgesetzt worden sind. Wir werden gebeten, die kapitalen Äschen doch so sorgfältig wie einen 15 jährigen guten Wein zu behandeln – ein einprägsamer und passender Vergleich. Ich fühle mich immer wieder privilegiert, wenn ich im hohen Norden einen Fisch fangen kann (oder auch nicht), der so alt ist. Man kann nur hoffen, dass möglichst viele diesen Schatz hegen und entsprechend sorgsam Fische entnehmen. Wir kaufen noch ein paar Fliegen und trinken etwas. Wir werden auf der Lodge sehr freundlich behandelt und plaudern über unsere Route, das Wetter und was sonst noch Fischer interessiert. Die Lodge scheint nur wenige Gäste zu haben, was mich zu dieser Jahreszeit wundert. Wir paddeln weiter – das Angebot, auf dem Gelände zu zelten, lehnen wir freundlich ab. Wir finden am Abend einen Platz für unser Zelt, der unseren Ansprüchen gerecht wird – einfach perfekt (wobei das folgende Bild von einer anderen Stelle stammt).
Am dritten Tag an diesem Camp paddeln wir für ein paar Stunden auf die andere Flussseite und geniessen dort neue Rieselstrecken und Pools, einfach herrlich. Ab und zu gibt es nun auch Regenfälle, am Wasserstand oder den hohen Wassertemperaturen ändert dies jedoch nichts.
Wenige Tage vor dem Ende unserer Tour bauen wir unser Camp ein paar Kilometer weiter flussabwärts noch einmal auf und befischen den neuen Flussabschnitt. In diesem Teil sind wir jedoch weniger erfolgreich. Wir haben jedoch so schöne Tage hinter uns, so dass wir die Fischerei gelassen angehen können und so immer wieder die eine oder andere Überraschung landen können. Robert holzt und feuert rund um die Uhr, so dass es dem Regen nicht gelingt, unser Lagerfeuer entscheidend zu schwächen. In diesem Abschnitt treffen wir auf zwei ältere, grossgewachsene Schweden, die sehr gelassen fischen und lange Wege gehen, ob es nun regnet oder nicht. Ich habe noch nie jemanden gesehen, der bei Regen mitten im Fluss stoisch auf einem Stein sitzt und während mindestens einer halben Stunde irgendwas am Vorfach werkelt und danach endlose Würfe macht: Irgendwann wird sich ein Fisch erbarmen, oder halt eben nicht. Irgendwann nachts schlurfen die beiden ruhig durch unser Camp. Eine Gruppe Finnen auf der anderen Flussseite etwa 200 Meter flussabwärts stört uns genau so wenig. Es hat viel Platz und der Kaitum ist hier sehr breit.
Da wir keine GPS Angaben haben (ein Kreuz auf der Landkarte reicht), wo uns der Helikopter abholen wird, verfolgen wir den Flusslauf sehr genau und prüfen immer wieder mit der Landkarte unseren Standort. Dies ist nicht immer einfach, da die Landschaft nun zusehends flacher wird und der breite Fluss nicht immer einfach zu lesen ist. Am letzten Paddeltag nehmen wir es gemütlich und warten, bis das Zelt, der Tarp und alles andere Material von der Sonne getrocknet ist, so dass wir alles trocken und sauber verpacken können. Auf den letzten drei Flusskilometern stoppen wir noch ein paar Mal. Robert kann noch einmal prächtige Forellen überlisten, ich erwische noch die eine oder andere Äsche. Meine Gedanken sind jedoch schon etwas wehmütig, der Trip geht zu Ende. Wir finden die Stelle, an der uns am Abend der Heli abholen wird. Der Kaitum bildet hier eine breite und seichte Bucht mit ruhigem, teilweise schlammigem Wasser. Es ist die einzige Stelle in den zwei Wochen, die nicht so grossartig ist. Da wir nicht genau wissen, ob wir ein paar Stunden früher abgeholt werden, bleibe ich bei der Ausrüstung und schlafe ein wenig. Robert wandert noch einmal 15 Minuten zur Hauptströmung und geniesst noch einmal einige Stunden am Wasser und kann dabei wieder schöne Fänge verzeichnen.
Mit dem Sat-Telefon bin ich in Kontakt mit der Lodge. Schliesslich werden wir eine Stunde früher abgeholt und geniessen nochmals einen atemberaubenden Flug über den Fjäll. Der Pilot entdeckt zwei Elche. Dabei zieht der Pilot die Maschine steil nach unten und dreht eine elegante Schleife. Wir geniessen diese einzigartige Landschaft, die aus der Luft spektakulär aussieht. In einem Monat wird sich der Fjäll in den Herbstfarben zeigen, was wohl noch schöner ist. Nach der Landung fahren wir mit dem Auto noch etwa eine Stunde nach Kiruna. Vom Guide, der hier aufgewachsen ist, erfahre ich viel über das Leben hier oben. Wir unterhalten uns bestens und die Fahrt ist kurzweilig. Bei der Lodge angekommen, geniessen wir die Sauna und trennen uns vom Rauchgeruch, der uns umhüllt. Am kommenden Morgen, nach einem sehr schmackhaften Frühstück, reisen wir mit vielen schönen Erinnerungen zurück und lassen die klare Luft und den Sonnenschein in Lappland.
Teil 1 des Lapplandberichts