Auf dem E4 durch den Peloponnes, 26. April 2017 – 12. Mai 2017
Mittwoch, 26. April 2017, Freidorf – Zürich-Kloten – Athen/Αθήνα – Kiáto/Κιάτο – Diakoptó/Διακοπτό
Der E4 spukt mir schon lange im Kopf herum, und Anfang Jahr bin ich zufällig auf eine Website mit detaillierten Beschreibungen gestossen. Also, kaum aus Australien/Neuseeland retour, fange ich an zu planen, Landkarten auftreiben und Routen studieren, Fahrpläne im Internet recherchieren und ganz viel zusätzlichen Kleinkram organisieren, wie Hotelnächte am Anfang und am Schluss buchen. Und – Jean kauft ein neues Einerzelt, welches ich dann einweihen darf. Unser altes North Face Einerzelt ist bald 20 Jahre alt und im Regen nicht mehr ganz dicht. Das neue Hilleberg Enan ist nicht nur 600 g leichter, sondern auch bezüglich Form und Komfort ein Quantensprung.
Nach 3½ Monaten am Stück arbeiten, ja, für mich ist das eine lange Zeit, ist es dann endlich soweit, ich bin kribbelig wie noch selten vor einer Reise. Frühmorgens geht’s auf den Zug. Draussen herrscht Hudelwetter. Nach schlimmen Nachtfrösten mit Tiefstwerten von -6°C kommt nun der grosse Schnee. Das wäre alles halb so schlimm, wenn die Vegetation nicht schon so weit wäre. So sind Aprikosen, Zwetschgen und Kirschen zum grossen Teil erfroren, bei den Äpfeln und Birnen sieht es auch nicht gut aus. Die Bienen leiden ebenfalls.
In Kloten herrscht mittleres Chaos, und unser Flugzeug muss zuerst enteist werden, bevor wir mit einer halben Stunde Verspätung starten können. Über dem Balkan dann schönes Wetter, die Berge sind frisch verschneit und sehen entsprechend majestätisch aus. Auch hier ist es nochmals Winter geworden. Dann das tiefblaue, griechische Meer und ebenfalls noch weisse Bergkuppen.
Trotz der Verspätung schaffe ich es noch auf den Zug, welcher bis Kiáto fährt. Zum ersten Mal sehe ich den Kanal von Korinth, eine schmale, tief eingegrabene Rinne. Schön, dass auch der Flughafen von Athen nun eine Eisenbahnanbindung hat. Die Strecke soll dereinst – man sagt bis 2018 – bis Pátras/Πάτρα führen, das Trassée ist bereits im Bau. Für mich gilt noch der Bahnersatzbus, der aber in Kiáto schon wartet und mich bis zu meinem Ausgangspunkt Diakoptó bringt. Alles läuft reibungslos und pünktlich ab. In Diakoptó dann griechische Lebhaftigkeit, knatternde Töffs, hupende Autos, es ist warm – und es duftet himmlisch nach Orangenblüten! Sowohl Orangen- als auch Zitronenbäume sind reich mit Früchten behangen.
Das Hotel Chris Paul, wo ich ein Zimmer für die erste Nacht gebucht habe und welches auch Sponsor des E4 ist, ist klein, einfach und freundlich. Nach einer Volta durch’s Dorf geniesse ich auf dem kleinen Balkon den lauen Abend, schaue den Schwalben zu, wie sie aus dem Swimming Pool Wasser für den Nestbau holen und komme dabei langsam in Griechenland an. Nachts rufen die Eulen.
Donnerstag, 27. April 2017, Diakoptó/Διακοπτό – Káto Zachlorú/Κάτο Ζαχλωρού – Kalávryta/Καλάβρυτα
Nach einer angenehm kühlen Nacht serviert der Wirt einen reichhaltigen Z’Morgen mit Gemüseomelette, Früchten und gutem Griechischem Kaffee. Und dann breche ich auf. Was wohl alles vor mir liegt in den nächsten 16 Tagen? Ich bin sehr gespannt, und die Vorfreude ist gross.
Auf der ersten Etappe ist der Weg leicht zu finden – einfach den Gleisen nach. Die Vouraikós-Schlucht/Φαράγγι Βουραϊκού, seit 2008 Nationalpark, gilt als eine der schönsten Landschaften Griechenlands. Keine Strasse erschliesst die wilde Landschaft, einzig eine Zahnradbahn, in ganz Griechenland bekannt als Odontotós/Οδοντωτός, fährt sechs Mal täglich hindurch. Daher ist es weise, beim kleinen Bahnhof den Fahrplan zu notieren. Die Strecke weist zahlreiche Tunnels und sechs Brücken auf, und da ist es nicht ratsam, einem Zug zu begegnen. Und obwohl an jeder Brücke eine Verbotstafel steht, dass man hier keinesfalls zu Fuss darüber darf, hat es immer einen Steg daneben, auf dem man sie bequem überqueren kann 😊
Beim ersten Zug, der mir begegnet, grüsst der Lokführer noch recht verhalten, beim letzten hupt und winkt er dann freudig, sobald er mich erblickt. Das Gehen auf und neben den Schienen ist weniger mühsam, als ich befürchtet habe. Nur gerade dort, wo in der Mitte das Zahnrad einklinkt, ist es schwieriger. Aber am Abend, nach 23 km, brennen mir dann doch die Fusssohlen, und die rechte Hüfte schmerzt. Dies sicher auch zum Teil wegen der neuen Wanderschuhe, welche ich nicht mehr wirklich Gelegenheit hatte, richtig einzulaufen.
Die Schlucht mit dem rauschenden, aber leider auch arg stinkenden Wildbach und den hellen, hoch aufragenden Kalkfelswänden ist atemberaubend schön.
Überall Blumen – Kornblumen, diverse Orchis und Ophrys-Arten, Mohn, zahlreiche Schmetterlinge, darunter Segelfalter, Aurorafalter, Mittelmeer-Zitronenfalter, Bläulinge und verschiedene Scheckenfalter. Dazu riesige Platanen, Pinien, Steineichen und sonnengelb blühender, duftender Ginster. Was für eine unglaubliche Vielfalt! So nebenbei muss ich immer gut Obacht geben, ob ein Zug kommt. Wegen des tosenden Vouraikós/Βουραϊκός ist das nicht immer einfach, und mit der Zeit spürt man den kommenden Zug mehr als dass man ihn hört. An einem lauschigen Plätzchen unter grossen Platanen mache ich am Flussufer Mittagspause, schaue einer Schafstelze zu und geniesse den Frieden.
Ohne dass man es merkt, kommt man höher, langsam Richtung Chelmós-Gebirge/Χελμός; Kalávryta liegt auf 740 m über Meer. Kurz vor dem Ort treibt eine Hirtin auf den Gleisen ihre Ziegen heim, wir halten einen kurzen Schwatz, und sie meint, heute sei der erste heisse Tag dieses Jahres. Ja, und ob ich denn ganz alleine unterwegs sei. Dem ist nur entgegenzuhalten, dass sie das ja auch sei und mit ihren Ziegen rede, während ich halt mit den Vögeln spreche. Das findet sie dann irgendwie witzig und auch einleuchtend.
Rote Ranunkeln blühen, das goldene Abendlicht verzaubert alles. Unten am Bahndamm rascheln zwei sich paarende Griechische Landschildkröten (Testudo hermanni), die so mit sich selber beschäftigt sind, dass sie mich gar nicht wirklich wahrnehmen, kurz darauf nochmals eine Schildkröte.
Dann wird’s flach, offen, Kalávryta– endlich am Ziel! So viel Schienen laufen ist zwar nicht besonders anstrengend, aber die Füsse goutieren es nicht.
Kalávryta mit seinen 2000 Einwohnern lebt vor allem vom innergriechischen Tourismus. Einerseits bringt die Zahnradbahn Besucher in’s hübsche Städtchen, andererseits befindet sich im nahen Chelmós-Gebirge ein kleines Skigebiet. Jetzt ist es eher ruhig, aber das mag ich eh besser. Auch hier habe ich nochmals ein Zimmer gebucht, worum ich jetzt froh bin. So brauche ich nicht mehr lange eine Unterkunft zu suchen.
Nach einer wohltuenden Dusche geniesse ich den Abend auf der Platía/Πλατεία, schaue den Kindern beim Spielen zu, lausche den Seglern, tauche einfach ein.
Freitag, 28. April 2017, Kalávryta/Καλάβρυτα –Áno Lussí/Άνω Λουσοί – Planitéro/Πλανιτέρο – Sto Klíma/Στο Κλίμα
Nach einem eher bescheidenen Z’Morgen geht’s das noch ruhige Dorf hoch Richtung Chelmós, zum Teil auf Wegen und Schotterstrassen, teilweise aber auch auf der Hauptstrasse, welche aber zum Glück nur wenig befahren ist. Schwarzdorn und gelbe Phlomis fruticosa blühen. Dank der Höhe ist es noch angenehm kühl. Schöner, grüner Tannenwald (Abies cephalonica) säumt meinen Weg, ein hässlicher Steinbruch, überall vernachlässigte Bienenkästen, Viehweiden und wiederum viele Blumen.
Oben auf dem Pass steht die Kapelle Ágios Nikólaos/Άγιος Νικόλαος, und dann verlasse ich für heute den Asphalt. Auf einer steilen, gerölligen Piste geht’s hinunter nach Káto Lussí/Κάτω Λουσοί. Und dann wird’s richtig schön. Zwar keine griechischen Tannen mehr, aber dafür eine wunderbar reich strukturierte, intakte Kulturlandschaft mit Terrassen, Steinmäuerchen und Einzelbäumen, dazu der erste schön und angenehm zu gehende Weg. Die Vogelwelt, typisch für diesen Lebensraum, ist vom Feinsten – Schwarzkehlchen, Kuckuck, Zaunammer, Weissbartgrasmücke und natürlich der Wiedehopf. Sein markanter Ruf verrät ihn schon von weitem, allerdings zeigt sich der wunderschöne Vogel nicht sehr oft.
Obschon es heute mindestens so heiss ist wie gestern, ist das Wandern auf Wegen halt schon kurzweiliger als auf Eisenbahnschienen. Und wenn dann noch die faunistischen und floristischen Begleiterscheinungen dermassen zahlreich sind, lässt dies kaum Wünsche offen. Auch heute spendet eine grosse Platane angenehmen Schatten bei der Mittagspause. Daneben eine Viehtränke, wo ich Wasser auffüllen kann. Unten die weite Ebene, wo ein Bauer gerade am Mähen ist. Sonst ist es ruhig, auch die Vögel haben ihr Konzert eingestellt und sich in den Schatten verzogen.
Weiter führt der Weg, immer leicht über der Ebene, wird zum Ziegenpfad, perfekt markiert, schlängelt er sich durch das blühende, mit Büschen und Bäumen bestandene Weideland, immer auf und ab. Ich passiere ein erstes, sehr gepflegtes Anwesen in traditioneller Bauweise, selbst der Ziegenstall ist sauber und ordentlich, weder Unrat noch die ausgedienten Gerätschaften oder Vehikel der letzten hundert Jahre zieren die Umgebung. Darum herum ein schöner Bestand von Nuss- und Obstbäumen. Sie können schon, die Griechen!
Der Weg führt nach einem kleinen Sattel in’s nächste Tal hinunter, der Bach führt sogar Wasser, aber eine Furt lässt sich, nachdem ich die Markierungen zeitweise verloren habe, leicht finden, und auf der anderen Seite geht’s auf Ziegenpfaden und Feldwegen weiter. Es wird langsam Abend, die Hirten rufen ihre Ziegen und Schafe heim, manchmal schicken sie auch die grossen Hütehunde los. Viele Herden werden aber tagsüber behirtet. Die Tiere bleiben dann über Nacht jeweils im Stall, meist auch nur ein Unterstand oder ein Pferch, bevor sie dann am Morgen nach dem Melken wieder in die Freiheit entlassen werden. Der Bestand an Schafen und Ziegen scheint mir zwar recht hoch zu sein, zumindest sind die Flächen aber jetzt im Frühling noch nicht überweidet.
Langsam muss ich mir Gedanken machen, wo ich die Nacht verbringen will. Das Wetter ist gut, gerne würde ich draussen schlafen. Kurz vor Planitéro finde ich einen Brunnen, wo ich meine Wasservorräte auffüllen kann. Also wieder hinauf auf den Hügel mit dem witzigen Namen Sto Klíma, wo ich unter einer grossen Steineiche auf einem grasigen Plätzchen meinen Schlafsack ausrolle, unter mir das Dorf, über mir der Sternenhimmel. Was will man mehr! Nachts rufen die Eulen, und ein geräuschvoll schnuffelnder Igel kommt mich besuchen.
Samstag, 29. April 2017, Planitéro/Πλανιτέρο – Árbounas/Άρμπουνας – Ágios Nikólaos/Άγιος Νικόλαος – Tourláda/Τουρλάδα – Krinófita/Κρινόφυτα – Likúria/Λυκούρια
Der dritte Tag heute, langsam gewöhne ich mich an die Hitze, der Rucksack trägt sich leichter, die Schultern gewöhnen sich an das Gewicht und die Füsse an’s langsame, stetige Gehen in den neuen, harten Wanderschuhen.
Frühmorgens der kurze, steile Abstieg nach Planitéro hinunter, beim Brunnen nochmals Wasser auffüllen. Langsam erwacht das Dorf, die Ziegen werden gemolken, von Hand natürlich, und die Milch in allen möglichen Gebinden zur Verarbeitung getragen. An manchen Orten stehen auch Kunststofftansen, welche dann abgeholt werden.
Im Platanenwald bei der Aroánios-Quelle/Πηγές Αροάνιου verpasse ich irgendwann eine E4-Markierung zur Schotterpiste nach Árbounas. Ja nu, dann muss ich halt auf der Strasse in’s Dorf hinaufwandern. Da hier nur ganz wenige Autos fahren, ist es halb so schlimm. So kann ich in Ruhe die Blumen betrachten, den Vögeln zuhören und den Schafen und Ziegen zuschauen. Die Bauern grüssen freundlich von ihren Traktoren herab. Am oberen Dorfende gärtnert eine alte Frau, ganz in Schwarz gekleidet, auf den Knien in ihrem Pflanzblätz. Üppig wächst das Gemüse in der schwarzen Erde, die Kartoffeln sind bereits kniehoch, rundherum blüht es in allen Farben. Die Dame lächelt freundlich, fragt mich wie alle hier nach dem Wohin und dem Woher, kann nicht wirklich verstehen, warum man so ganz alleine unterwegs ist, man hat ja niemanden zum reden, und die Schlangen, und überhaupt. Aber sie freut sich, dass wir in ihrer Sprache plaudern können und wünscht mir zum Schluss «Kaló drómo/Καλό δρόμο!», einen guten Weg.
Dann ist es fertig mit Teer, und auf einem wunderschönen Pfad, über einen Sattel, unter hellen Kalkfelsen und durch Tannenwald, pink betupft mit unzähligen Knabenkräutern, tolle Blicke hinab in die fruchtbare Ebene, wandert sich’s höchst angenehm weiter nach Ágios Nikólaos.
Vor und nach dem Dorf die scheinbar unvermeidlichen, wilden Deponien, an einem langen Weideseil ein ängstlicher Arravani. Vor Tourláda, bei einer üppig sprudelnden Quelle, wo ich so viel ich kann von dem guten Wasser trinke, biege ich in ein Tälchen ab. Meine Anavasi-Karte verzeichnet einen steilen Weg über einen Sattel nach Krinófita, dem nächsten Dorf. Dadurch liessen sich ein paar Kilometer Schotterstrasse vermeiden. Ich muss zwar ein bisschen suchen, finde dann aber den Einstieg. Da hier noch kein Vieh geweidet hat, ist es äusserst blumig, wieder einmal zahlreiche Ragwurzen, dazu viele Eidechsen. Während einer Pause wagt sich eine leuchtend grün gefärbte Smaragdeidechse ganz nahe heran.
Oben eine prächtige Aussicht. Meinen Knien zuliebe nehme ich anstatt der steilen Direttissima den Schotterweg hinunter nach Krinófita. Der Weg macht einen weiten Bogen an einer grossen Alp vorbei, wo es erstmals auch Kühe hat. Zwei Mulis, in deren Hufspuren ich schon seit Stunden gehe, stehen am Brunnen, zupfen Gras und warten wohl auf ihre nächste Aufgabe. Hier, in den abgelegenen Dörfern im Norden des Peloponnes, stehen die Langohren noch im Einsatz. In Krinófita reitet ein Mann, greek style, durch‘s Dorf, hinter ihm das Packmuli. Sonst ist das Dorf wie ausgestorben, kein Brunnen läuft, es wirkt sehr arm.
Dann der nächste Aufstieg, die Sonne brennt, bei der Viehtränke auf der Alp habe ich nur einen Liter Wasser aufgefüllt, da ich ihm, trotz Micropur, nicht ganz traute. Also einteilen, schwitzen und beissen, Schuh vor Schuh. Der Weg wäre eigentlich sehr schön, aber die vielen Ziegen und Schafe treten so viele Steine los, dass man oft das Gefühl hat, auf einem Kugellager zu gehen. Handkehrum entschädigen die vielen Blumen und Eidechsen für die Anstrengung, ab und zu zeigt sich ein Falke, und es gilt unzählige Bergfalten auszulaufen.
Auf der Passhöhe ein Bildstöckchen, eine Wiese mit rosa Pippau, da würde ich gerne übernachten, aber mit nur noch ½ Liter Wasser und Durst ist das keine Option. Also weiter, der Weg ist zum Glück besser und sehr gut markiert, aber immer noch kein Wasser. Kurz vor Likúria dann wunderschöne Terrassen und Alónia/Αλώνια, das sind die kreisförmigen, gemauerten, mit Steinplatten ausgelegten griechischen Dreschplätze, von denen es hier recht viele und auch gut erhaltene gibt.
Ein wunderschönes Plätzchen, um die Nacht zu verbringen. Gemäss Karte muss es hier irgendwo auch Brunnen bzw. Quellen geben. Durch den Feldstecher lässt sich bei einem Kirchlein ein schwarzer Regenwassertank erkennen! Also nichts wie den Hang hinauf, um dann vor einem Zaun mit abgeschlossenem Tor zu stehen. Das kann’s ja wohl nicht sein …. Aber dann finde ich einen Sockel, von wo aus ich hinaufklettern und auf der anderen Seite wieder runterspringen kann. Und es hat Wasser im Tank 😊 Problem gelöst, Durst gestillt, sogar eine Camp-Dusche liegt drin. Im Rucksack hat’s noch ein Stückchen Käse, dazu Knäckebrot und eine Handvoll Trockenfrüchte. Wegen der schwarzen Wolken stelle ich heute das Zelt auf, womit dieses nun eingeweiht wäre. Ein paar dicke Tropfen, das war’s dann auch schon. Rundum glücklich lege ich mich schlafen.
Sonntag, 30. April 2017, Likúria/Λυκούρια – Pagráti/Παγκράτι – Dáras/Δάρας
Aufstehen, sobald ich etwas sehen kann, der Wind weht abwechslungsweise aus Ost und West, der Höhenmesser ist erneut leicht angestiegen, aber es sieht freundlich aus, und die Luft ist etwas klarer. Eine gute Stunde brauche ich jeweils für Z’Morgen und packen. Wenn ich meinen Lagerplatz verlasse, zeugt nur das flach gelegene Gras davon, dass hier jemand die Nacht verbracht hat.
Das Dorf betrete ich quasi durch die Hintertür, Weg suchen, über Junk und verfallende Mäuerchen klettern, eine neue Generation Klatschmohnblüten leuchtet mir flammend rot entgegen.
Dieses Blütenwunder ist für mich einfach magisch, ich kann mich kaum sattsehen. Ausgangs Dorf finde ich einen Brunnen, Vorräte auffüllen und viel trinken. Danach folgt ein traumhafter, alter, perfekt in das Tal eingebetteter Saumweg bis hinunter zur Strasse.
Eine Schafherde kreuzt meinen Weg, es duftet vom blühenden Ginster, alles grünt und blüht. Griechische Kulturlandschaft von Feinsten, die eben nicht auf Höchsterträge getrimmt ist, sondern auch Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten bietet. Kein Vergleich zur ausgeräumten, grünen, intensiv genutzten Kulturwüste, wie wir sie aus weiten Teilen der Schweiz kennen.
Ein paar Kilometer muss ich der Strasse folgen, aber bei der üppig sprudelnden Ladonas-Quelle/Πηγές Λάδονα kann ich bereits wieder auf eine seit wenigen Jahren wieder begehbare, perfekt markierte, alte Mulattiera einschwenken. An dieser Stelle sei auch einmal den vielen engagierten Freiwilligen, welche diesen Weg so perfekt instand halten und markieren, von ganzem Herzen gedankt! Vorbei an einer Käserei, Gemüsegärten sowie Mandel- und Nusshainen geht es hinauf nach Pagráti.
Erneut komme ich in Genuss einer extensiven Kulturlandschaft. Hier wurde noch nicht geweidet, entsprechend vielfältig ist die Flora mit roten Ranunkeln, Knabenkräutern und Ragwurzen.
Zahllose Schmetterlinge, auffallend vor allem die Massen von Bläulingen, gaukeln über die Wiesen. Schmetterlingshaft kannte ich bislang in der schwarz-gelben Form, hier sind sie türkisblau-schwarz und recht häufig. Zwei gemächlich sich fortbewegende Breitrandschildkröten kreuzen meinen Weg, die Smaragdeidechsen sind häufig zu hören und zu sehen. Langsam wird es Mittag, und ich geniesse jeden schattigen Meter unter dem Laubdach der Bäume. Im Trockenbach vor dem Dorf blühen ganze Teppiche der leuchtend roten Kronen-Anemonen (Anemone coronaria), eine Augenweide.
Pagráti ist ein hübsches Dorf, kein herumliegender Abfall, ein Brunnen mit frischem, gutem Wasser, Vorräte auffüllen, das passiert mir nicht nochmals. Aus vielen Häusern ertönt Lachen, und es wird rege diskutiert, Sonntag halt, die Familie sitzt beisammen. Beladen wie ein Muli geht’s bergan, Berge, soweit das Auge reicht, und auf dem kleinen Sattel oberhalb Pagrátis sehe ich das erste Mal das Menálo-Gebirge/Μαινάλο, noch schneebedeckt, ja, nun geht’s wirklich in die Berge, bin gespannt! Auf einer grossartigen Mulattiera mit Steinplatten und Steinmäuerchen, fast wie im Tessin, wandere ich auf einem Höhenweg mit grandiosen Ausblicken in die fruchtbare Ebene hinunter Richtung Dáras. Nach der Vuraikós-Schlucht sehe ich hier erstmals wieder Griechischen Bergtee (Sideritis syriaca ssp.), mit violetten Blüten notabene, in grösseren Mengen. Man sieht, dass die Pflanze gesammelt wird, interessanterweise wird pro Staude aber jeweils nur etwa die Hälfte der Blütentriebe geschnitten.
Auf einer grasigen Nase finde ich zwei flache Quadratmeter für meine Schlafstatt. Ich geniesse den langen Abend in der Einsamkeit, habe Zeit zum schreiben und lesen. Das Wetter ist zwar perfekt, aber wegen des Fast-Sturmes stelle ich das Zelt kurz vor dem Einnachten dann doch noch auf, einfach windabgewandt, damit ich in der Nacht doch noch sterngucken kann. Tausende Sterne strahlen im dunklen Himmel, keine Lichtverschmutzung. Why opt for a five star hotel when you can sleep under a million stars!
Montag, 1. Mai 2017, Dáras/Δάρας – Kamenítsa/Καμενίτσα – Vytína/Βυτίνα – Rúchi/Ρούχοι
Beim ersten Tageslicht, mild und weich, heisst es aufstehen. Wenn’s dann nach dem Mittag so richtig heiss wird, ist man froh um jeden Kilometer, den man in der Morgenkühle zurücklegen konnte. Zum Anfang komme ich nochmals in den Genuss des schönen Saumweges von gestern, dann Dáras.
Ein sehr schönes Dorf, weissgetünchte, sehr schmucke Häuser, überall Blumen – in Mauerritzen, in Töpfen und leeren Fetakanistern, in den Gärten, auf den Holzbalkonen, kein Müll, alles pieksauber, eine wunderschöne Allee, bestehend aus diversen Baumarten, entlang der Strasse, welche vom Dorf in die Ebene führt. Ja, sie können schon, die Griechen 😊 Ein Wiedehopf ruft, zeigt sich aber leider nicht. Auch die landwirtschaftlich genutzte, fruchtbare Ebene ist überraschend schön zu durchwandern.
Viele Nusshaine mit zum Teil riesigen Bäumen, aber auch Äpfel, Birnen und Kirschen, Mohnblumenwiesen, ab und zu ein Bauer bei der Arbeit, viel Asphalt, der irgendwann aber doch noch in einen Feldweg übergeht. Während mehr als einer Stunde begleiten mich gut zwei Dutzend Bienenfresser, immer kommunizierend. Nach wie vor elektrisiert mich der Ruf dieser wunderschönen Vögel. Was die Kolibris in Amerika und die Papageien in Australien sind, das bedeuten mir die Bienenfresser in Europa. Sie machen glücklich mit ihrer scheinbaren Unbeschwertheit.
Eine grosse, dicke, caramelbraune Schlange, von der ich nur die hintere Hälfte zu sehen bekomme – eine Äskulapnatter? – macht sich fauchend davon. Eine Schildkröte raschelt in den Disteln, blutrote Adonisröschen und Venusspiegel blühen, ja genau, diese bei uns auf der Roten Liste stehende Ackerbegleitflora ist hier noch alltäglich, zahllose Schmetterlinge und Smaragdeidechsen, einfach schön.
Ab und zu ein Gehöft mit einem Ziegen- oder Schafstall, rote und gelbe Kunststofftansen stehen am Strassenrand. Langsam aber sicher wird’s heiss. In Kamenítsa suche ich einen Brunnen, da ruft mich plötzlich eine alte Dame in ihren Innenhof, ich hätte doch sicher Durst. Kaum habe ich den Rucksack an einen Baum gelehnt und mich auf den angebotenen Stuhl gesetzt, bringt mir ihre Schwiegertochter auch schon Wasser und ein Stück Schokoladenkuchen. Als ich alles schön brav aufgegessen habe, steht schon der zweite Teller, diesmal mit Tirópitta/Τυρόπιτα und nochmals Kuchen, vor mir. Dazu muss ich erzählen, wohin, woher, und so ganz alleine, ob ich den keine Angst habe. Sie können’s einfach nicht wirklich glauben und verstehen, also fange ich an, ein Wortspiel daraus zu machen. Wenn ich jeweils ein wenig ungläubig gefragt werde: «Móni sou?/Μόνη σου;/Bist du ganz alleine?» Dann gebe ich zu Antwort: «Ne, móni mou, ke mou léne Monika./Ναι, μόνη μου, και μου λένε Μόνικα / Ja, ganz alleine, und ich heisse Monika.» Das finden sie dann jeweils witzig, und ich muss mich ich nicht länger erklären 😉 Handkehrum will ich dann natürlich auch wissen, ob hier viele E4-Wanderer durchkommen. Ja, sehr viele, meint die Oma, erst gestern sei einer vorbeigekommen. Nein, das sei vorgestern gewesen, korrigiert sie die Schwiegertochter. Ja, und vorher, frage ich weiter. Ja, das sei schon länger her, so genau wisse sie das nicht mehr. Tja, so viel zum Thema viel begangen. Ich habe übrigens auf dem ganzen E4 keinen einzigen anderen Wanderer getroffen! Auch über die Krise reden wir, oder über die Unterschiede zwischen Griechenland und Europa. Ja, für die Griechen ist das europäische Ausland Europa, aber Griechenland ist etwas Eigenes, nicht ganz und nicht wirklich zu Europa gehörend.
Und irgendwann steht ein Auto vor dem Gartenhag, es sei jetzt viel zu heiss, um nach Vytína zu wandern, mein Rucksack und die Wanderstöcke wandern in den Kofferraum, Protest absolut zwecklos. Jánnis/Γιάννης, der Sohn der 94-jährigen Dame, setzt mich vor dem Guesthouse ab, in dem ich zu übernachten gedenke. Ja, auch das ist Griechenland! Und mit einer der zahlreichen Gründe, warum ich dieses Land und seine BewohnerInnen so sehr in’s Herz geschlossen habe.
Da es aber erst Mittag und das eigentlich hübsche Vytína rammelvoll mit griechischen Ausflüglern ist – natürlich habe ich vergessen, dass heute Próti Maiú/Πρώτη Μαϊού und damit ein Feiertag bzw. ein langes Wochenende ist – und mir die vielen Menschen nach so viel Einsamkeit und Ruhe einfach zu viel sind, setze ich mich kurz auf die Platía, studiere die Karte und schultere dann wieder den Rucksack, Ziel Menálo.
Ausgangs Dorf ein Brunnen, wo ich trinken und meine Vorräte auffüllen kann, danach ein hübsches Kirchlein, Ágia Sotíra/Άγια Σωτήρα, welches für einmal sogar offen ist. Die griechischen Kapellen, welche in recht hoher Dichte über das ganze Land verteilt sind, so nebenbei bemerkt, die griechisch-orthodoxe Kirche ist nach wie vor die grösste Landbesitzerin Griechenlands, sind mal ganz bescheiden ausgestattet, manchmal aber auch fast schon opulent. Mit ihren vielen, oft mit Gold ausgeschmückten Heiligenbildern/Εικόνες erinnern sie mich eher an einen buddhistischen Tempel als an eine Kirche. Immer aber sind sie ein Ort der Stille, den ich sehr gerne besuche. Auch sonst kommt mir das Land manchmal vor wie eine etwas skurrile Mischung aus Ladakh und Europa. Hier nagelneue, chromglänzende Pick-ups, dort aus irgendwelchen, gerade vorhandenen Materialien zusammengezimmerte Ziegenställe oder die Klöster, welche wie buddhistische Gompas am Fuss einer Felswand in’s Land hinausschauen. Auch die gastfreundlichen Menschen auf dem Land, welche keine Hektik zu kennen scheinen und das Leben so annehmen, wie es eben kommt, überlebenswichtig in diesem von Krisen und Turbulenzen dauergeschüttelten Land, haben etwas von der ladakhischen Gelassenheit an sich. Andererseits die eher erstaunlich anmutende Tatsache, dass der Wanderverein, ja, in Griechenland gibt es wirklich Wandervereine, von Trípoli/Τρίπολη die nun vor mir liegende Etappe durch das Gebirge vollständig neu und notabene absolut perfekt durchmarkiert und grösstenteils vom Asphalt wegverlegt hat. Das macht Freude, und die Füsse danken es.
Steil und stetig geht es im Tannenwald bergan, Ragwurzen, Stille, ich bin wieder alleine. Die Rúchi ist eine wunderschöne, grasig-flache Mulde, wo zierliche, gelbe Wildtulpen blühen.
Abgesehen von diesen wunderschönen Blumen sieht es hier oben aus wie auf einer jurassischen Wytweide vor 20 oder 30 Jahren. Am Waldrand finde ich ein idyllisches Plätzchen für mein Zelt. Dunkle, schwarze Wolken sind aufgezogen. Irgendwann produzieren sie dicke Tropfen, ein paar Hagelkörner, einen kurzen Graupelschauer, Donnergrollen und ein paar Blitze, zum Schluss noch einen kräftigen Regenschauer, das war’s dann schon. In der Nacht klart es auf, der Mond scheint in’s Zelt. Die Eulen rufen im Duett.
Dienstag, 2. Mai 2017, Rúchi/Ρούχοι – Kardarás/Καρδαράς – Kápsia/Κάψια
Ein zwar frostiger, aber traumhafter Morgen in den Bergen. Obwohl gerade mal gut 1500 m über Meer gelegen, ist der Eindruck schon recht alpin. Ausnahmsweise stehe ich etwas später auf. So kann das Zelt trocknen und ich in der Sonne mein Müesli essen. Die Tulpen haben ihre gelb-orangen Blütenköpfchen noch geschlossen, feiner Nebel, Morgentau und Raureif verzaubern die Landschaft.
Über weitere Wytweiden mit mächtigen Solitärtannen geht’s zur Passhöhe. Dank der super-tollen Markierung gehe ich kein einziges Mal falsch. Auch mit einer sehr guten topographischen Karte wäre die Wegfindung nicht ganz einfach, da es unzählige Abzweigungen und Kreuzungen gibt. Einzig die teils steilen Aufrisse wären mit ein paar Serpentinen angenehmer zu gehen – aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Auch heute begegnet mir keine Menschenseele, den ganzen Tag nicht. Die Spechte rufen und hämmern, lebhafte Tannenmeisen turnen auf ihrer immerwährenden Futtersuche durch die Tannenäste, der Kuckuck kuckuckt, Ragwurzen auch hier. Oben dann ein hässliches Skigebiet – welches Skigebiet ist denn schon schön? – welches ich auf der Strasse umgehe. Der E4 führt mitten hindurch, und das mag ich mir nicht antun.
Die Südseite ist trockener, Montana in Griechenland, es riecht sogar fast gleich, dieser intensive, sommersonnengewärmte Koniferenduft weckt sogleich Erinnerungsbilder. Viele Blumen und Schmetterlinge, Mittelmeersteinschmätzer. Und dann ein kleiner, vielleicht eine Are grosser Flecken, wo die raren, zerbrechlichen griechischen Schachblumen (Fritillaria graeca) eben ihre grüngelb-schokoladenbraun gestreiften Glöckchen geöffnet haben. Schachblumen zu finden stellt für mich immer ein sehr spezielles botanisches Highlight dar, und weil das so selten geschieht, muss ich auch eine Zeitlang hier verweilen.
So komme ich auf diesem schönen Weg langsam wieder in tiefere Gefilde, das letzte Stück vor Kardarás ist mehr ein Wildwechsel als ein Wanderweg, schief, aber immerhin schattig, dann definitiv die Strasse. Es wird heiss, sehr heiss. Bei einem Haus, wo auch ein paar von einem grossen Hund bewachte Arravanis mit Fohlen weiden, entdecke ich einen Wasserhahn, darunter unter ein paar Brettern huscht ein winziger, wohl eben erst geschlüpfter Mauergecko (Tarentola mauritanica) davon. Langsam aber sicher könnte ich als Wünschelrute ein neues Betätigungsfeld finden.
Der Rucksack drückt schwer auf die Schultern, ein paar Kilometer auf Feldwegen, dann das letzte Stück vor Kápsia auf der stark befahrenen Hauptstrasse Richtung Trípoli, das ist übel, und neben der Strasse kann man wegen der Vegetation nicht überall gehen. Hier lassen mich auch die Markierungen mehrheitlich im Stich, nach den Menálo-Bergen ist man schwer verwöhnt. Zum Glück gibt’s die Anavasi-Karte, die meist gut mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Den Wiedereinstieg vor Kápsia finde ich nicht recht, der Friedhof auf der Karte entpuppt sich als ein grosser, eingezäunter und mühsam zu umgehender Fussballplatz, dann ein ebensolcher Bauernhof mit wütend bellenden Hunden. Wieso genau mache ich das?
Ja, dann halt einfach der Nase nach, durch ein weites Tal, immer schön auf den Einschnitt an seinem Ende zuhaltend. Bedrohlich schwarze Wolken, die Sonne sticht. Hinter Kápsia ist das weite, hügelige Tal zwischen der Túrla/Τούρλα und dem Liorítsi/Λιορίτσι ein Bijou, Blumenwiesen, reiches Vogelleben mit Zaunammern, Weissbartgrasmücken und Schwarzkehlchen, hin und wieder ein jagender Falke, wunderschöne Terrassen mit alten, grosskronigen Obstbäumen.
Dort finde ich zwischen runden, flachen, sonnenwarmen Felsböcken ein romantisches Plätzchen für’s Hilleberg. Der Tag neigt sich dem Ende entgegen, die Hitze weicht, und ich geniesse den samtweichen Abend. Die Gewitterwolken haben sich in Wohlgefallen aufgelöst. Und damit wäre auch die Antwort auf obige Frage schon gegeben
Mittwoch, 3. Mai 2017, Kápsia/Κάψια – Perthóri/Περθόρι – Trípoli/Τρίπολη – Psilí Vrýsi/Ψιλή Βρύσι – Áno Dolianá/Άνο Δολιανά
In der Nacht klart es wieder auf, der Mond scheint in’s Zelt, erstmals Morgentau, der Höhenmesser ist erneut leicht angestiegen. Heute ist wieder früh aufstehen angesagt, in der Ebene unten wird es sehr heiss werden.
Der Weg bis zur Kapelle Ágios Geórgios/Άγιος Γεώργιος ist wegen der zahlreichen Ziegenpfade nicht deutlich und auch nur spärlich markiert, aber nachdem ich das Kirchlein entdeckt habe, Fernglas sei Dank, ist klar zwischen welchen Hügeln ich durchwandern muss. Jetzt, im Morgenlicht, erscheint die Landschaft noch zauberhafter als gestern, perfektes Habitat für all die bei uns so selten gewordenen Heckenvögel. Vielstimmiges Konzert, auch Wiedehopfe sind zu hören, nur blicken lassen sie sich nicht. Zahlreiche Eidechsen, darunter die beiden attraktiv gefärbten Taurischen und Peloponnes-Mauereidechsen (Podarcis tauricus, Podarcis peloponnesiaca) füllen ihre Wärmetänklein, Schmetterlinge gaukeln, das dürfte wohl das Schoggistück des heutigen Tages sein.
Bei der leider verschlossenen Kirche steht eine gewaltige Eiche, an welcher auch die Glocke hängt.
Die Kapellen auf dem Lande haben oft keinen Glockenturm, stattdessen muss ein grosser Baum, welcher praktisch nie fehlt, diese Rolle übernehmen. Auch hier oben auf dem Sattel dehnen sich die weiten Terrassen, hier sind sie allerdings bewirtschaftet, Getreide, Heuwiesen, Nusshaine, Kernobstbäume.
Dann wird’s wieder karger, ein Schafhirt mit seiner Herde und den Hütehunden, sonst Ruhe und Einsamkeit. Auf der Piste, von der ich eine sehr grosse Breitrandschildkröte (Testudo marginata) wegtrage, wandere ich nach Perthóri. Nochmals eine Schafherde, welche aber weder von Hunden oder einem Esel, sondern von einem Arravani gehütet wird! Das habe ich nun echt noch nie gesehen. Jedes Mal, wenn das grasende Pferd ein paar Schritte geht, folgen ihm seine Schützlinge brav. Frau staunt 😊
In Perthóri finde ich einen Brunnen mit gutem, kühlen Wasser, ausgangs Dorf treffe ich auf einem Hof zahlreiche freilaufende Hütehunde an. Meist sind die Hunde hier friedlich, und wenn man mit ihnen redet, kommen sie sogar daher, um sich ein paar Streicheleinheiten abzuholen. Diese hier entsprechen leider nicht der Norm, und einer ist echt böse und verzieht sich erst, als ich ihm mit dem Stein nicht nur drohe, sondern ihn auch nach ihm werfe.
Ich sehe und höre noch mehr Breitrandschildkröten, sie scheinen die Hitze zu mögen, oder das, was ich als Hitze empfinde. Im Sommer sind sie dann eher am Vormittag und am späten Nachmittag unterwegs.
Dann ist es aus mit der Idylle, überall Berge von Abfall, die Strasse nach Trípoli, glücklicherweise nur ein paar wenige Kilometer, die Zivilisation hat mich wieder. In einem freundlichen Tante Emma-Laden bekomme ich Käse, Flöckli und ein paar Orangen und bin damit wieder für ein paar Tage autark. Im Stadtpark geniesse ich die Orangen – endlich, nach Tagen mit Trockenfutter ist das etwas vom wenigen, was mir gefehlt hat, schicke ein Lebenszeichen an meine Family, lasse das quirlige Leben der 29’000 Einwohner zählenden Universitätsstadt mit den vielen Cafés und Menschen in der Fussgängerzone auf mich einwirken. Schnell habe ich aber auch wieder genug davon, es ist erst kurz nach Mittag, und von einem Taxi lasse ich mich durch die weite Ebene – das wäre eine langweilige Tagesetappe durch die Agglomeration und auf Teerstrassen, die sich hoffentlich niemand antut! – nach Psilí Vrýsi bringen. Im winzigen Dorf rührt sich in der Mittagshitze nicht viel, und auf ausgewaschenen, roterdigen Pisten geht’s wieder in hügeligere Gefilde. Die Vegetation hat komplett geändert, keine Ragwurzen mehr, Heidekrautsträucher, Marronibäume. Obwohl es nicht besonders weit ist bis zur Kapelle Panágia/Πανάγια, brauche ich recht lange, es ist einfach zu heiss. Dort sprudelt die im Büchlein beschriebene Quelle nicht mehr, aber ich finde immerhin einen Wasserhahn. Eigentlich hatte ich vorgehabt, hier zu übernachten, aber irgendwie stimmt es nicht. Also weiter nach Áno Dolianá, zuerst durch’s Bett des Dolianítis/Δολιανίτης, welcher sogar zwischendurch oberirdisch fliesst.
Die befürchteten wilden Abfalldeponien bleiben aus. Dann durch aufgegebene, verbuschende Streuobstwiesen, dichte, üppige Vegetation, Platanen, Brombeeren, Heckenrosen, Weiss- und Schlehdorn, hohes Gras. Ein Igel schnuffelt durch’s Unterholz, plötzlich lautes Rascheln, in Panik stieben mindestens ein halbes Dutzend kleine, herzige, hellgestreifte Frischlinge davon, nur ein paar Meter entfernt steht die grosse, stämmige Bache vor mir und grunzt mich mehrere Male empört an. Sie folgt ihren Kleinen erst, als sie sicher ist, dass keinem mehr Gefahr droht und ich aus ihrem Blickfeld entschwinde. Uff, nochmals Schwein gehabt 😉 Führende Bachen gehören zu den wenigen Tieren, vor denen ich wirklich Respekt habe. Ein Stück weiter oben dann noch ein Wildschwein, ganz nahe, vielleicht sehe ich vor lauter Schweinen den Weg nicht mehr, jedenfalls finde ich mich fast von einem Meter auf den anderen im Brombeer- und Heckenrosenüberwucherten Steilhang wieder, wo es fast kein Durchkommen mehr gibt. Irgendwo da oben muss das Dorf sein, sacksteil ist’s, aber umkehren ist keine Option. Mehrere verfallende Mäuerchen, Ruinen und Kletteraktionen später stehe ich zerkratzt, völlig verschwitzt und ziemlich «auf den Felgen» auf der untersten Platía von Áno Dolianá.
Ein sehr schönes Dorf, hauptsächlich im Sommer bewohnt von den Hitzeflüchtlingen aus der Ebene um Trípoli, klebt es am grünen Hang wie ein Schwalbennest. Bei den Tavernen auf der Platía fragen die Männer sofort nach dem Woher und dem Wohin. Tja, ein Wohin gibt’s heute nicht mehr, aber vielleicht wüssten sie jemanden, der Zimmer vermietet. Ja, sicher, meint einer, seine Schwester gleich nebenan mache das. Ich werde auf einen Stuhl geleitet, schon steht eine Karaffe mit kühlem, gutem Wasser vor mir, und eine halbe Stunde später ist mein Gemach mit der tollen Aussicht auch schon parat. Noch selten habe ich eine Dusche so genossen, nach fast einer Woche Katzenwäsche und Hitze bin ich eine wandelnde Saline. Auch bekocht werde ich, nicht grossartig, aber sehr freundlich, und als ich am Schluss noch nach einem Griechischen Bergtee/Τσάι του Βουνού frage, wird auch der Opa, der den ganzen Abend seelenruhig einen Berg Blattgemüse/Χόρτα gerüstet hat, gesprächig 😉
Was für ein Tag, voller Überraschungen, alles kommt, aber oft anders als man denkt. Die schwarzen Wolken verziehen sich nach ein paar Grollern wieder. Die ganze Nacht singt die Nachtigall, wunderschön, ansonsten ist es paradiesisch still.
Donnerstag, 4. Mai 2017, Áno Dolianá/Άνο Δολιανά – Karyés/Καρυές
Ein seidiger Morgen bricht an, den Z’Morgen bekomme ich bereits um 7 Uhr serviert, und nun ist der Opa wirklich gesprächig geworden. Wir kommen auf die Krise zu sprechen, und auch er bestätigt, wie die meisten hier, dass es auf dem Land weit weniger schlimm ist als in der Stadt. Hier hat fast jeder einen grossen Garten, ein paar Tiere, und die Nachbarschaftshilfe funktioniert ebenfalls. Das Wissen, wie man Gemüse kultiviert, Obstbäume pflegt oder Tiere hält, ist noch vorhanden; zumindest die Grosseltern, wenn nicht die Eltern, wissen noch Bescheid und können dieses Wissen an die jüngeren Generationen weitergeben. Er bereitet mir einen perfekten Griechischen Kaffee und schickt mich anschliessend mit guten Wünschen auf den weiteren Weg. Das Dorf ist in allerschönstes Licht getaucht, grün und frisch leuchtet dien üppige Vegetation, Quittenbäumchen blühen.
Steil geht’s hinauf, aber heute steht mir der Sinn nicht mehr nach stacheligen Experimenten, und ich bleibe auf dem Strässchen anstatt die Abkürzungen durch die Büsche zu nehmen. Oben tut sich der weite Blick über ein endlos erscheinendes Hügel- und Bergland auf, im Südosten das Parnónas-Gebirge/Παρνώνας, im Südwesten die noch schneebedeckten Gipfel des Taýgetos-Gebirges/Ταύγετος. Darauf bin ich sehr gespannt!
Die Vegetation ist fast komplett anders, Gneis und Schiefer haben den Kalk abgelöst, die Erde ist rot, Erika, Heckenrosen, keine Ophrys mehr, dafür diverse, unbekannte Orchis-Arten, dazu wunderschöne, orange-rote Wildtulpen in grosser Zahl.
Eine junge Breitrandschildkröte kreuzt meinen Weg, aber netterweise keine Wildschweine mehr. Für mich völlig überraschend wandere ich durch gepflegt Kastanienselven und fast endlose Mittelwälder. Das hätte ich nun wirklich nicht erwartet!
Mitten im Nirgendwo werden auf einem riesigen Acker von mehreren Arbeitern Heidelbeersträucher gepflanzt, mit Plastikfolie am Boden, wohl das Projekt eines reichen Investors, sonst sehe ich den ganzen Tag keine Menschenseele. Heiss ist es, morgen werde ich noch einen zusätzlichen Liter Wasser mitnehmen, die Temperarturen gehören eher in den Juni. In den endlosen Wäldern lässt sich nicht wirklich ein geeigneter Biwakplatz finden, alles ist sehr abschüssig, und, ehrlich gesagt, habe ich keine Lust auf weitere Wildschweinbegegnungen. Und die scheinen, den Wühlspuren nach zu schliessen, hier recht zahlreich zu sein. Kein Wunder bei den vielen Kastanien und Eichen, da ist ihr Tisch reich gedeckt.
Also in Karyés ein Zimmer suchen, auf der Platía fehlen aber ausnahmsweise die hilfsbereiten alten Männer, aber irgendwann finde ich in einem Innenhof eine Frau, die gerade mit ihrer Pédicure beschäftigt ist und die ich fragen kann. Von einer weiteren Dame werde ich erstmal in’s Wohnzimmer gebeten, es werden mir Wasser und ein Apfel offeriert, dann ein Anruf, und irgendwann erscheint die Besitzerin des kleinen Gästehauses „Ta Pétrina/Τα Πέτρινα“, zeigt mir mein Zimmer mit Küche und bringt auch gleich den Z’Morgen mit. Nach einer wohltuenden Dusche unternehme ich noch eine ausgedehnte Volta durch das sehr schöne, schmucke und gepflegte Dorf.
Eine riesige Kirche steht oberhalb der Platía, der Friedhof liegt etwas entfernt, viele Leute werden alt, sehr alt sogar, 80 oder 90, nicht wenige sogar 100 Jahre. Die Grabsteine der Familiengruften sind aus Marmor. Ab und zu sieht man auch eine Marmorwerkstatt, wo die grossen Platten fein säuberlich hintereinander gereiht stehen. Auch im Bachbett gestern lagen viele Marmorsteine, rund und schneeweiss, wie in Peccia.
Danach die Terrasse geniessen, schreiben, mit meiner Gastgeberin plaudern. Im eben erst parat gemachten Pflanzblätz sucht ein glückliches Schwein nach Futter und nach wohl noch vorhandenen, unerwünschten Gemüsegartenbewohnern.
Erstaunlich, aber auf solchen Touren habe ich nie Hunger, aber weil der Mensch ja irgendwo seine Energie hernehmen muss, esse ich dennoch schön brav etwas. Im Chuchichäschtli finde ich sogar noch Griechischen Bergtee, perfekt ist der Abend. Auch wenn’s in der Nachmittagshitze manchmal hart ist, die Belohnung kommt doppelt und dreifach.
Freitag, 5. Mai 2017, Karyés/Καρυές – Vrésthena/Βρέσθενα – Sellasía/Σελλασία
Da ich meinen Z’Morgen selber machen kann, eine lange Etappe vor mir habe und somit den Morgen nutzen kann und will, stehe ich früh auf. Keine Nachtigall sang, keine Eulen riefen, kaum Vogelkonzert, seltsam, und nicht so gut geschlafen wie letzte Nacht. Das Dorf schläft noch, als ich aufbreche, aber es ist bereits hell, die Luft ist frisch und kühl, so lassen sich die ersten Kilometer äusserst angenehm zurücklegen. Das Licht ist erstaunlich klar heute, endlich! Im Südwesten leuchten die Spitzen der Taýgetos-Range und, mittendrin, die Pyramide des Profítis Ilías/Προφήτης Ηλίας rosa im Morgenrot, die waldbepelzten Hügel strahlend grün, vor allem die Eichen.
Zwei Kapellen mitten im Wald, bei der ersten, Theotókos/Θεοτόκος, hätte man wunderbar zelten können, aber wer weiss solche Dinge schon beim ersten Mal? War gestern der Tag der Wildtulpen, dann sind es heute die Cyclamen und die roten Kronenanemonen, immer wieder und allüberall leuchten sie als bunte Farbtupfer, manchmal sogar Farbteppiche, aus Wald und Wiesen.
Bis Vrésthena geht’s gemütlich auf einsamen Pisten, stets auf und ab, um Hügel und Tälchen herum, rote Erde, weisse und pinkfarbene Zistrosen, rot-gelbe Zistrosenwürger, die auf den rosablühenden Zistrosen schmarotzen.
Auch Vrésthena ist ein sauberes, schönes Dorf, gut erhaltene Häuser aus Bruchsteinen, verwunschene Ecken, eine riesige Kirche inmitten einer ebensolchen Platía, ein Marmorbrunnen mit vier Löwenköpfen.
Dann dem Bach entlang, dichte Vegetation, Dschungel beinahe, Tausende Cyclamen. Es wird Mittag, Schildkrötenzeit, heute sogar wieder einmal eine Griechische. Eine Breitrandschildkröte weist ein grosses, übel aussehendes Loch im Panzer auf, das aber glücklicherweise am zuheilen ist, unglaublich, wie zäh diese Tiere sind. Im steilen, steinigen Gelände bewegen sie sich unbeirrt fort, mit ihren starken Vorderbeinen finden sie fast überall Halt. Wenn man sie aufhebt, um sie zum Beispiel von einer Strasse wegzutragen, krallen sie sich erstmal in der Erde fest und es ist gar nicht so leicht, sie da wieder wegzubekommen.
Ein Fuchs flüchtet, viele Smaragdeidechsen. Der Weg führt dem Fluss entlang, manchmal auch im Bachbett, aber man kann das Gewässer gut trockenen Schuhs überqueren.
Die zweite Hälfte der Flusswanderung ist ausnehmend schön, sehr einsam, mit riesigen Pappeln, knorrigen, dicken, uralten Platanen am Ufer, Kaulquappen im Wasser, keine wilden Mülldeponien, idyllisch, eine weitere unbekannte Seite dieses Landes. Dann, nach den vielen Nuss- und Kastanienbäumen, die ersten Olivenhaine, blauer Rittersporn. Die kleinen Olivenblüten sind noch nicht geöffnet, silbrig glänzen die Blätter.
In Sellasía soll es eine Unterkunft geben, also noch 6 km Teer unter die Füsse nehmen, gnädigerweise kaum Verkehr, ein Hirte mit seinen Tieren, blühender, duftender Ginster, eine Kapelle mit einem Brunnen, dann tatsächlich ein Schild „To Sélas/Το Σέλας“, 300 m, ist dann wohl eher ein Kilometer, aber mal schauen. Niemand ist da, aber eine Telefonnummer beim Eingang, also Handy hervorkramen, ja, es ist noch etwas frei, keine fünf Minuten später kommen die Eltern der Vermieterin auf dem Töff angeknattert, ein griechischer Wasserfall überrauscht mich, aber unterdessen bin ich schon recht in die Sprache eingetaucht, jedenfalls bekomme ich ein wunderschönes Zimmer, fast schon eine kleine Wohnung, Schwalbennest an der Decke, Blick hinunter nach Spárta.
Leider fährt morgen der Bus nicht, die Kinder haben ja samstags keine Schule, aber um 8 Uhr werde ich abgeholt und nach Spárta chauffiert werden, unglaublich, wie nett die Menschen hier sind.
Ich geniesse den Abend, die Sonne scheint direkt zum Fenster herein, es stürmt, die Sicht auf die Taýgetos-Berge ist atemberaubend schön.
Die Dorfhunde bellen die ganze Nacht, aber mit der Zeit gewöhnt man sich daran und hört sie gar nicht mehr.
Samstag, 6. Mai 2017, Sellasía/Σελλασία – Spárta/Σπάρτη – Mystrás/Μυστράς – Taygéti/Ταϋγέτι – Séla/Σέλα – Perganteika/Περγανταίκα
Heute kann ich ausschlafen Das Wetter sieht nicht besonders gut aus, mal sehen. Gestern hatte es für kurze Zeit Packeiswolken, Abendrot, der Höhenmesser hingegen ist lediglich um 20 m gestiegen.
Zum Z’Morgen die üblichen Flöckli, zwei Sesamkringel/Κουλουράκια, Griechischen Kaffee; ein Bríki/Μπρίκι gehört zur Grundausstattung der hiesigen Küche. Pünktlich um 8 werde ich abgeholt und im Zentrum von Spárta, 15‘000 Einwohner, abgesetzt. Niemand scheint zu wissen, wann der Bus nach Mystrás fährt, also auf Schuster’s Rappen dorthin. Der im Büchlein beschriebene Weg existiert nicht mehr, durch einen eher zweifelhaft sauberen Bach waten und auf der Hauptstrasse nach Mystrás, Olivenhaine, die Orangenblüten duften, die Bäume schwer behangen mit Früchten.
Da ich in Mystrás den E4 nicht auf Anhieb finde, nehme ich einen der lokalen Wanderwege, nordwärts um den Berg herum und via Taygéti nach Anavrytí.
Die Wahl entpuppt sich als Glückstreffer, wunderschöne, alte Weganlagen statt der angesagten Forststrassen, und Zeit für die Extraschlaufe habe ich ja. Die Mulattiera bis Taygéti ist perfekt markiert mit verschiedenfarbenen Symbolen, im wieder kalkigen Grund wachsen Ragwurzen, erneut eine Bache mit Frischlingen. Diesmal mache ich mich aber mit Händeklatschen und Reden bemerkbar, und alle können flüchten, bevor die Bache auf dumme Ideen kommt. Viele Eidechsen, zwei Griechische Landschildkröten, die erste und leider auch einzige Hornviper (Vipera ammodytes), auf die ich um’s Haar draufgetreten wäre, so gut ist sie im Halbschatten getarnt.
Gegen Mittag sind alle Wolken weg, strahlend blauer Himmel, es stürmt wieder, hat aufgeheizt. Der schöne Weg führt steil nach oben, im Wald das Kloster Zoodóchos Pigí/Μοναστήρι Ζωοδόχου Πηγής, wo ich unter den grossen Bäumen Mittagspause mache, weiter oben wunderschöne, kräftige Tannen, trotz des trockenen Bodens, immer wieder ein Brunnen, Séla auf 1130 m über Meer, auf der anderen Talseite ein Hirte mit seiner Herde, Berge, oben auf den Graten noch Schnee.
Danach eine eben erst abgebrannte Fläche an der Xerovúna/Ξεροβούνα, wo ich durch und hinunter muss, Kugellager unter den Schuhen, aufpassen bei jedem Schritt, der Regen hat auf dem nun ungeschützten Boden den Weg teilweise weggewaschen. Eigentlich habe ich Lust, heute im Zelt zu übernachten, aber es ist überall bewachsen und abschüssig, nochmals die Karte studieren, vielleicht bei der Kapelle im verlassenen Weiler Perganteika? Freude herrscht, das Tor ist nicht abgeschlossen, ebensowenig die Kapelle, davor ein Wieslein mit einer ausladenden Platane, ein Hag drumherum, pig safe. Ein Stückchen weiter unten sogar ein Brunnen, wo Wasser fliesst. Wunderbar! So gibt’s morgen zwar eine lange Etappe, aber das macht mir nicht wirklich Bauchweh. Dafür finde ich endlich wieder einmal Zeit zum schreiben und sogar lesen, den Eidechsen zuschauen, dolce far niente. Nachts rufen die Eulen, ein Wildschwein wühlt nebenan – ausserhalb des Zaunes – in der Erde.
Sonntag, 7. Mai 2017, Perganteika/Περγανταίκα – Anavrytí/Αναβρυτή – Lakómata/Λακόματα – Pénte Alónia/Πέντε αλώνια – Orivatikó Katafýgio Taygétou/Ορειβατικό Καταφύγιο Ταϋγέτου
Früh aus den Daunen, es wird lang werden heute. Kein Morgentau, trockenes Zelt einpacken. Der Weg hinunter über den Bach und dann wieder hoch zum Kloster Faneroméni/Μοναστήρι Φανερωμένης ist uralt, perfekt in das tief eingeschnittene Tobel eingepasst, ein Genuss. Nicht nur im Tessin waren sie der Kunst des Wegbaus mächtig! Eine Gruppe griechischer Wanderer schaut mich ziemlich entgeistert an. Die Touristen sind doch normalerweise auf dem E4 unterwegs….
Anavrytí ist ein sehr hübsches Bergdorf; hier liesse es sich im Archontikó/Αρχοντικό auch sehr gut übernachten. Es ist auffallend, dass es, je südlicher ich komme, sehr viel sauberer wird, wilde Mülldeponien beinahe inexistent sind, die Bergdörfer sind meist sehr schmuck, viele gut erhaltene und gepflegte Natursteinsteinhäuser mit herzigen Holzbalkonen, und die Dorfbrunnen fliessen fast überall.
Stetig geht’s dann höher, wunderbar duftender Wald, je länger je mehr lösen Pinien die Tannen ab.
Die alten Pinien sind absolut eindrücklich mit ihrem dicken Stamm, während die oberen Äste wegen der häufigen, starken Winde nach unten gebogen sind. Ansonsten aber ist die Flora weit weniger vielfältig als im der nördlichen, karstigen Teil des Peloponnes, die rosa Pippau fehlen, andererseits habe ich wohl noch nie so viele Cyclamen gesehen, ganze Teppiche bedecken den staubtrockenen Waldboden.
Und endlich hat es genug Wasser, frisch, sauber, klar und sooo gut. Nach der Lakómata-Quelle dann plötzlich Donnergrollen, bedrohlich schwarze Wolken allenthalben, nein, das kann ich nun wirklich nicht gebrauchen, ein Gewitter hier oben. Also umkehren, wieder hinunter, auf Forststrassen bis Pénte Alónia, ja, es hat wirklich Dreschplätze hier, allerdings finde ich nur deren drei und nicht, wie der Name verspricht, fünf. Unterdessen hat sich das Gewitter verzogen, also doch wieder hinauf, über eine kleine Forstrasse und dann durch den Wald gelange ich wieder auf den E4. Der Weg ist wunderschön, führt fast perfekt der Höhenlinie entlang. Es stürmt heftig, die Bäume schwanken selbst hier, mitten im dichten Wald, gewaltig hin und her. Bei der Várvara-Quelle/Πηγή Βάρβαρα finde ich ein kleines, ebenes Plätzchen, aber so richtig wohl ist mir hier nicht. Wenn nun nachts ein Baum auf mein Zelt stürzen würde? Die Karte ist auch nicht besonders aufschlussreich, aber ich gehe trotzdem oben bei der Schutzhütte nachschauen. Ja, das geht, auf der Wiese fallen wenigstens keine Bäume um. Also Zelt wieder abbrechen, ist ja nicht das erste Mal, dislozieren, Zelt wieder aufstellen, mehrmals wird es dabei beinahe davongeweht. Und dann finde ich das ultimative Örtchen. Ein Oval aus vielleicht sechs oder sieben Meter hohen, windzerzausten Bergtannen, darin ein ebenes Plätzchen, die Äste bis auf Schulterhöhe abgesägt – da hat schon mal jemand Schutz vor einem Sturm gesucht und die Nacht verbracht. Ein drittes Mal umziehen, nun brauche ich bereits die Stirnlampe. Ohne Z’Nacht in’s Bett, die halbe Nacht drückt der Sturm die Zeltwand gegen mein Gesicht, nicht lustig, aber es erschlägt mich kein Tannenbaum, und gegen Morgen finde ich sogar noch ein paar Stündlein Schlaf.
Montag, 8. Mai 2017, Orivatikó Katafýgio Taygétou/Ορειβατικό Καταφύγιο Ταϋγέτου – Pentavlí/Πενταυλοί – Ágios Dimítrios/Άγιος Δημήτριος– Spartiá/Σπαρτιά – Árna/Άρνα
Vom Vogelkonzert werde ich heute Morgen geweckt, noch ein bisschen zuhören und dann aus den Federn. Frisch ist’s, und erstmals in diesen Ferien habe ich Hunger. Hmm, habe ja auch seit gestern Mittag nichts mehr gegessen.
Vorne bei der Hütte steht ein Van aus Bulgarien, darin schlafen zwei Menschen. Was die wohl hier machen? Aber das hätten sie sich bei mir vielleicht auch gefragt.
Der Abstieg hinunter nach Pentavlí ist sehr schön, erstmals sehe ich weit unten und weit weg das Meer glitzern, dorthin also führt die Reise. Ein prächtiger Morgen, sanftes, klares Licht, der Weg ist so steil, dass einmal sogar eine Eisentreppenleiter eingebaut wurde. Ein Wildbach rauscht, frisches, gutes Bergwasser.
Nach Pentavlí, einem lauschigen Örtchen, welches heutzutage als Maiensäss mit einem Walnusshain genutzt wird, geht es erneut bergauf, durch wunderschönen Koniferenwald mit windgeformten Pinien und gelbem Affodill (Asphodeline lutea). Gleich unterhalb, bei der schön und mit Steindach renovierten Kapelle Ágios Dimítrios, mache ich Pause. Eine Quelle fliesst, sogar Hunger habe ich, schon wieder, mein Körper scheint langsam die Reserven anzuzapfen 😉 Die Nussbäume sind hier, auf gut 1500 m über Meer, noch kahl, dafür blühen die Apfelbäumchen, grosse, weiss-rosa Blütenbouquets, zauberhaft sehen sie aus.
Danach folgt ein zähes Stück durch den sturmgeschädigten Vasilikí-Wald/Δάσος Βασιλικής, die umgestürzten Bäume wurden zwar grossteils weggeräumt bzw. zersägt, und nur wenige Male muss ich darüber klettern oder unten durch kriechen, aber die neue Wegführung ist teils sacksteil, der Weg noch nicht wirklich etabliert und dadurch oft schief; wenigstens bleiben einem so ein paar Kilometer Forststrassen erspart. Endlich, im Tälchen unten, ist der Weg wieder angenehm zu gehen, ein idyllisches Bächlein mit Fröschen, Steinfliegen- und Feuersalamanderlarven. Im lichten, aber dennoch schattenspendenden Wald geht es mal dem Bach entlang, dann wieder auf der Forststrasse, immer gut auf die Markierungen achten. Das letzte Wegstück der heutigen Etappe ist dann wieder eindeutig auffindbar; diese alte Verbindung um die Anina/Αννίνα herum nach Spartiá wurde erst vor einigen Jahren wieder begehbar gemacht.
Nach einem Sattel empfängt einen ein wildes, grünes, tief eingeschnittenes Tal, eingerahmt von steilen, felsigen Bergen. Der steinige Weg allerdings ist extrem mühsam zu gehen, ein wahres Kugellager unter den Schuhen, Obacht geben bei jedem Schritt, stürzen ist in dem steilen Gelände keine Option. Auch gibt es immer wieder Traversen, wo der Weg abgerutscht oder von umgestürzten Bäumen blockiert ist. Nach dem Kaménos Vráchos/Καμμένος Βράχος, einer spektakulär in den Fels gehauenen Passage, wird es besser und auch etwas flacher. Trotz dieser Einschränkung ist dieses Stück aber eines der eindrücklichsten und schönsten der ganzen Tour mit unvergesslichen Blicken zurück zur weiss schimmernden Pyramide des Profítis Ilías, mit
2405 m der höchste Berg des Peloponnes.
Auch der artenreiche, kaum genutzte Mischwald ist wunderschön. Dann, endlich, nach mehreren Stunden sehr konzentrierten Gehens, erreiche ich den Sattel mit der Kapelle Panágia, unter mir, am verschwenderisch grünen Hang, das kleine Spartiá und das etwas grössere Árna. Noch ein paar Kilometer auf Teer und Beton, vorbei an der wohl gewaltigsten Edelkastanie, die ich je gesehen habe, so wandere ich nach Árna, meinem Etappenziel. Terrassen mit Nusshainen, grossen Gemüsegärten, ein Bildstöckchen mit Bänklein, zahlreiche Eidechsen, darunter eine kleine, braunglänzende Johannisechse (Ablepharus kitaibelii), die es mit ihren kurzen Beinchen kaum über die Strasse schafft, aber keine Schildkröte heute.
Auf der Platía von Árna, so sagt man, steht die grösste und älteste Platane von ganz Griechenland. Das glaube ich sofort, der Baum ist gigantisch, und die Platane nebenan ist auch kein Bonsai. Die Bewohner von Árna nennen sie Pappús/Παππούς, Grossvater. Hier sitzen auch die stets hilfsbereiten, älteren Dorfbewohner vor dem Kafeníon, versorgen mich mit Wasser, und einer ruft auf seinem Uralthandy den Vermieter meiner heutigen Herberge an. Das dauert ein kleines Weilchen, sigá, sigá/σιγά, σιγά, nur nichts überstürzen. Nach der vergangenen Nacht habe ich heute ausnahmsweise nichts gegen ein festes Dach und vier solide Wände um mich herum einzuwenden. Da sitze ich also in stiller Eintracht mit den Pensionären, geniesse den wunderbaren Frieden unter der mächtigsten aller Platanenbaumkronen und warte, bis mein Zimmer parat ist. So geht das in Griechenland auf dem Lande, einfach genial. Das sind die unvergesslichen Momente im Leben, sie werden einem nicht oft und meist unerwartet geschenkt.
Nach der wohltuenden Dusche eine Volta, schön ist es hier, ein guter Ort. In Anna’s Taverna bekomme ich, ganz alleine unter der Platane sitzend, den Griechen ist es doch tatsächlich zu kalt und sie haben sich nach drinnen verzogen, einen riesigen Griechischen Salat mit einer grossen, dicken Scheibe Feta, einen Korb voller frischer Brotscheiben, nachher noch meinen geliebten Bergtee, dazu selbstgemachtes Glykó tou Kutaliú/Γλυκό του κουταλιού aus den kleinen steinzelligen, aromatischen Birnen, die hier überall wachsen. Beim Dessert leistet Anna mir Gesellschaft, erzählt aus ihrem Leben, bedauert es, dass, trotz der neuen Landliebe der Griechen, immer noch so viele junge, aber eben auch gut ausgebildete Leute in die Stadt ziehen und sie doch tatsächlich mit ihren 49 Jahren immer noch nicht Oma ist.
Es ist dunkel geworden, nach der Kleiberfamilie haben nun die Käuzchen die Nachtschicht in der Platane angetreten. Fast rund leuchtet silbern der Mond.
Dienstag, 9. Mai 2017, Árna/Άρνα – Monastíri Panágia Játrissa/Μοναστήρι Πανάγια Γιάτρισσα – Kastaniá/Καστανιά – Ágios Nikólaos/Άγιος Νικόλαος
Es ist noch dunkel, als ich aufstehe, der Mond scheint hell in’s Zimmer. Ich verlasse das Dorf hangabwärts, die Strassenlampen leuchten noch, im Osten färbt sich der Himmel in intensiven Orangetönen für den kommenden Tag. Schnell wird das Betonsträsschen zu einem alten Wirtschaftsweg, blühende Phrýgana/Φρύγανα, sonnengelbe Ginster und Phlomis fangen an zu duften, die Vögel konzertieren eifrig um die Wette.
Nach einem kurzen Zwischenanstieg geht’s tief hinab in’s Haupttal, dann weiter auf der Mulattiera, teils auch dem Bachbett und damit griechischer Weglogik folgend, sprich am Bach und in dessen Bett, in welchem eh fast nie Wasser fliesst, da wachsen die höchsten Bäume und dadurch gibt es hier am meisten Schatten und man muss erst noch keinen Weg bauen, gut 400 Höhenmeter hinauf zum Kloster. Der Wald aus wenigen Platanen und grossen Steineichen bietet vor allem anfangs noch sehr willkommenen Schatten. Ein heftiges Unwetter, wohl vor noch nicht allzu langer Zeit, hat den Weg stellenweise arg beschädigt und teilweise sogar zerstört. Ein, zwei Male verliere ich den Weg, aber da die Richtung klar ist, finde ich ihn jeweils rasch wieder. Überall rascheln die Eidechsen, zahlreich sind auch die leuchtend grünen Smaragdeidechsen, welche sich zu dieser Jahreszeit in den schönsten Balzfarben zeigen. In den Lichtungen blüht der Thymian, erstmals sehe ich den Dreilappigen Salbei, ebenfalls in Blüte. Ich nähere mich definitiv dem Meer, und oben auf dem Pass, wo ein kalter Wind bläst und das Kloster Panágia Játrissa wie eine uneinnehmbare, abweisende Trutzburg trohnt, glitzert unter mir tiefblau das Meer des Messenischen Golfs.
Ein paar zierliche, braune Kühe, die hier oben ihre Freiheit geniessen und wohl auch teilweise die Verursacher der eingebrochenen Mäuerchen sowie der vielen losgetretenen Steine sind, spazieren in aller Selbstverständlichkeit die breite Auffahrt zum Kloster hinauf.
Der E4, hier eine eher hässliche, geröllige und steile Piste, führt vom Kloster hinunter nach Kastaniá, eine Breitrandschildkröte begegnet mir. Das Dorf ist sehr hübsch, was hier im südlichen Peloponnes die Regel zu sein scheint.
Womit das wohl zu tun haben mag? Vielleicht damit, dass es hier kaum Vieh hat? Bereits in Kirgistan vor vier Jahren ist mir aufgefallen, dass die Dörfer der sesshaften Usbeken sehr viel schöner, freundlicher, blumiger und sauberer sind als diejenigen der ursprünglich nomadischen und bis heute vor allem von der Viehzucht lebenden Kirgisen. Ist es die Nomadenseele, heute hier morgen dort, was gestern war, ist heute nicht wichtig, und das Morgen ist noch unendlich weit weg? Ja, man hat viel Zeit zum Nachdenken, wenn man den ganzen Tag alleine zu Fuss unterwegs ist.
Ab Kastaniá, von wo aus ich erst mal einige Kilometer auf der glücklicherweise nur schwach befahrenen Strasse Richtung Gýtheio gehen muss, habe ich keine Karte mehr und muss mich ganz auf die Beschreibungen im Büchlein verlassen, etwas, was ich gar nicht gerne habe. Nur Dank viel Aufmerksamkeit finde ich den im Buch beschriebenen Felsen mit der stark verblassten Markierung, und wegen einem Dutzend wunderschöner Orchideen, die ich zuvor noch nie gesehen hatte, hätte ich die Abzweigung beinahe verpasst. Wieder weg von der Hauptstrasse, auf teils betonierten oder asphaltierten Strässchen, passiere ich die ersten Olivenhaine, die einen himmeltraurig aussehend mit von Glyphosat totgespritztem, braunem Unterwuchs, andere lediglich geeggt.
Dazwischen aber auch immer wieder solche, welche biologisch bewirtschaftet werden, erkennbar daran, dass hier nicht an jedem circa zwanzigsten Baum ein leerer, weisser Pestizidkanister hängt, sondern man stattdessen ein handgemaltes Holzschild sieht, welches stolz auf die biologische Pflege der Bäume hinweist. Wieder einmal lobe ich mir das wunderbare, biologische Olivenöl, das Maria uns jedes Jahr vom Peloponnes heimbringt.
Und natürlich blühen in diesen Hainen violette Skabiosen und blutroter Klatschmohn, Segelfalter und Mittelmeerzitronenfalter gaukeln zwischen den hohen Halmen des verwilderten Getreides, fast schon idyllisch. Erstmals habe ich heute Zeit für eine Siesta, aber nur gerade im Halbschatten des silberglänzenden Olivenlaubes, zu stark und zu kalt bläst der Wind, als dass man den Schatten suchen würde. Dicke Wolken kommen in seinem Gefolge über die Berge, was daraus wohl noch werden wird? Aber heute gedenke ich ebenfalls nicht zu zelten, daher würde mich auch ein Gewitter nicht gross stören.
Die Abzweigung nach Ágios Nikólaos, welches nicht direkt am E4 liegt, ist nicht eindeutig. Es ist nicht, wie beschrieben, eine Kreuzung, sondern ein T. Daher steuere ich zuerst das falsche Dorf an und lande in einer verfallenden Militäranlage. Von dort erblicke ich ein weiteres Dorf, und durch das Fernglas, welch nützliche Erfindung, kann ich das Ortsschild erkennen. Alles klar, nochmals eine gute halbe Stunde, dann bin ich dort.
Auch dies ein sehr schönes Dorf, viel Weiss, erste Mani-Türme, duftende, knallrote, weisse und rosafarbene, üppig rankende Rosen, Zitronen- und Orangenbäume, Löwenmäulchen und so viele Blumen in allen erdenklichen Gebinden. Zuoberst auf dem Hügel steht die ausgediente Windmühle, die Mühlsteine sind, schön arrangiert, durch’s ganze Dorf verteilt zu finden. Auf der Platía regt sich kein Leben, aber im kleinen Pantopolío finde ich jemanden, der den Vermieter anruft. Derweilen setze ich mich auf eine Bank, schreibe Tagebuch und warte, bis Pávlos auftaucht und sich, nach einer englischen Einleitung, rasch in einen weiteren griechischen Wasserfall verwandelt. Der junge, fröhliche Agronom mit der Apostel-Haartracht hat zusammen mit seiner Frau Olympia ein Haus an der Platía renoviert, wo sie nun drei grosszügige, liebevoll eingerichtete Zimmer mit Küche und Balkönchen vermieten, auf dem Tischchen eine Decke mit kreuzstich-gestickten Schwalben, draussen unter dem Dachvorsprung die realen. Für mich mein erstes airbnb Logis. Aber das finde ich erst später, bereits wieder zu Hause, heraus. Wenn ich auf dieser Tour eine feste Unterkunft hatte, habe ich jeweils darauf geachtet, eine von denjenigen zu berücksichtigen, welche auch als Sponsor des E4 auftreten. Die in Ágios Nikólaos war eindeutig die erfrischendste und den Umweg mehr als wert. Zudem freute es mich besonders, dass sie von jungen, gut ausgebildeten Leuten geführt wird, welche sich hier auf dem Land, in the middle of nowhere, eine Existenz aufzubauen versuchen. Man kann ihnen nur wünschen, dass es klappt! Während ich diese Zeilen zu PC ringe, sind Jean und ich für 10 Tage in Südfrankreich, in den Monts d’Ardèche. Und hier ist eine ähnliche Bewegung im Gange. Während bei uns die jungen Landwirte vor allem auf Effizienz und Rentabilität geschult, oder soll man eher sagen getrimmt?, werden, sind die jungen Franzosen, welche wieder auf’s Land zurückkehren, eher von der Motivation getrieben, sich eine Existenz aufzubauen, ein einfaches Leben zwar, dafür aber fern von den urbanen Problemen, der Wirtschaftskrise und nicht zuletzt auch den immer wiederkehrenden Terroranschlägen. Hier stellen sie die alten, phantastischen Terrassen wieder instand, pflegen die Kastanienselven, bauen Gemüse an, imkern und sind mit ihren biologischen Produkten in viel grösserer Zahl auf den Wochenmärkten präsent als die älteren Aussteiger der Hippie-Generation noch vor einigen Jahren.
Aber zurück nach Griechenland. Da in der Taverne nur Männer hocken, ziehe ich es vor, einen gemütlichen Abend in meiner kleinen Wohnung zu verbringen Ich geniesse die Aussicht von meinem Balkönchen und rufe in die Pension Saga in Gýtheio an, um eine zusätzliche Nacht zu reservieren. Irgendwie ist es einfach so gekommen, dass ich einen Tag schneller bin als geplant, ausgerechnet ich, wo ich doch sonst immer die Langsamste bin.
In dieser Nacht schlafe ich herrlich. Eigentlich kein Wunder, hier stimmt alles.
Mittwoch, 10. Mai 20117, Ágios Nikólaos/Άγιος Νικόλαος – Kríni/Κρήνη– Smínos/Σμήνος – Plátanos/Πλάτανος – Gýtheio/Γύθειο
Froschkonzert, weit vor der Dämmerung einsetzendes Schwalbengezwitscher, jedem griechischen Dorf seine eigene Nachtgeräuschkulisse. Es ist noch finster, als ich unter dem Schweif des Skorpions, in eine Wolldecke gehüllt, mit Sicht auf die Berge und die weite Ebene, auf dem Balkönchen mein Müesli esse und einen Kaffee trinke.
Nun bricht tatsächlich und definitiv der letzte Tag meiner Peloponnes-Durchquerung an. Da ich die erste Wegstunde von gestern her ja bereits kenne, kann ich früh aufbrechen. Alles ist noch still, die Hunde bei den Gehöften verbellen mich empört, dann erstes, zartes Morgenrot am Horizont, zauberhaft, kostbar-kühle Morgenstunden. Anstatt die extra fünf Kilometer via Desfína/Δεσφίνα zu laufen, sammle ich einen Jahresvorrat des wunderbar und intensiv duftenden Griechischen Salbeis (Salvia triloba), ganze Teppiche von Currykraut blühen, grüne Macchia auf den Hügeln, dann wieder erste Olivenhaine, Glyphosat wird frisch-fröhlich und meist ohne Schutzkleidung versprüht. Aber es gibt dazwischen auch die anderen, wo die ominösen weissen Glyphosatkanister nicht in den Bäumen hängen. Hier in den Hügeln, an den steilen, terrassierten Hängen sind die, die nicht zur chemischen Keule greifen, eher noch in der Mehrheit.
Von einem Meter auf den anderen lebt es dann wieder, bewachsene Terrassen, Mäuerchen mit Eidechsen, Blumenwiesen, eine bunte Vielfalt von Käfern, Hummeln, Spinnen, Wildbienen und Schmetterlingen. Auch den ersten und einzigen Rotkopfwürger kann ich hier beobachten, wunderschön zeigt er sich mit seinem kontrastreich gefärbten Gefieder. Zwei Eidechsen kämpfen heftig miteinander, die eine packt die andere schlussendlich am Genick und lässt sie lange nicht mehr los.
Und Mohnblumen, Hunderte, Tausende, dieses unvergleichliche Rot, in der Mitte das schwarz-weisse Kreuz, die zarten, fragilen Blütenblätter, wo Hummeln und Bienen jeden Morgen auf’s Neue am Buffet Schlange brummen und summen und warten, bis sich eine neue Blütengeneration öffnet. Niemals werde ich dieses Schauspiels müde! Auch an diesem letzten Wandertag sehe ich nochmals zwei Schildkröten, sogar am Vormittag, ja, heute ist es heiss, sehr heiss.
Der E4 führt durch kleine, beschaulichen Dörfer am Weg, wo das Leben geruhsam seinen Gang geht, die Leute in ihren Obst- und Gemüsegärten arbeiten oder im Schatten beisammensitzen und ich auf der hübschen Platía von Smínos auch eine Rast einlege.
Erste Zitrusbäume, die Feigen sind bald reif, dazu sehr viel Asphalt und Beton. Wäre dies nicht die letzte Etappe und daher mit einem gewissen Symbolwert behaftet, könnte man sich diesen letzten Tag und definitiv das letzte Stück ab Plátanos eigentlich auch sparen. Aber er gehört eben dazu, und ohne ihn würde etwas Wesentliches fehlen. Bis Plátanos ist auch die Markierung gut, Aufmerksamkeit vorausgesetzt, aber danach „bösert’s“.
Da es ja nicht mehr besonders weit ist, lege ich unter einer riesigen, wunderbar Schatten spendenden Eiche bei einer kleinen Kapelle eine gemütliche Siesta ein.
Im hohen Gras macht sich eine dicke, caramelbraune Schlange empört fauchend, aber nicht besonders schnell und auch nicht so geschmeidig wie eine Schlange aus dem Staub. Was das nur ist? Ich habe sie nun schon öfter gesehen, aber immer nur kurz und immer nur die hintere Hälfte.
Unter der Kapelle finde ich dann zwar eine Markierung, aber der Weg, der laut Beschreibung eigentlich dem Fluss entlangführen sollte, verliert sich dermassen hoffnungslos im übermannshohen Gras-Distel-Brombeer-Bambus-Dschungel, das ich kaum mehr herausfinde. Dornröschen, aber leider ohne Prinz. Nachdem ich mehrere Varianten ausprobiert habe, muss ich mir eingestehen, dass ich keine Chance habe, hier durchzukommen, nicht die allergeringste. Das kann ja schon beinahe nicht wahr sein, aber ich muss umkehren und die letzten zwei Stunden meiner Tour auf der stark befahrenen Hauptstrasse nach Gýtheio zurücklegen. Nicht wenige der Autofahrer schauen mich etwas seltsam an und haben wohl das Gefühl, ich hätte eine Schraube locker. So ganz unrecht haben sie wohl nicht …. Wieder einmal kommt alles, aber anders, als man denkt, irgendwie das Motto dieser Tour 😉
Aber so wie alles im Leben auch sein Gutes hat, ist das auch dieses Mal so. Nochmals sehe ich eine der mysteriösen, caramelbraunen Schlangen, und dann noch eine, wieder diese eigenartige, schlangenuntypische Beschuppung sowie der seltsame Schwanz, und dieses Mal endlich das ganze Tier. Es ist gar keine Schlange, sondern ein Scheltopusik (Pseudopus adopus), also eine Echse, aber halt eben ohne Beine. Dieser hier schaut mich lange an, sein intensiver, weiser, alter Blick geht mir tief unter Haut. Später lese ich nach, dass Scheltopusiks über 50 Jahre alt werden können.
Dann, es wird doch noch wahr, der Ortseingang von Gýtheio, und nochmals dann, fast zu plötzlich, der Hafen und das tiefblaue Meer.
Hier ist definitiv und buchstäblich Ende Beton, den ganzen Peloponnes habe ich von Nord nach Süd durchwandert, ein unvergessliches und auch tief prägendes Erlebnis. Und ein kleines bisschen stolz bin ich auch, dass ich es geschafft habe. Manchmal war es unerträglich heiss oder es stürmte, einen Biwakplatz zu finden, war nicht immer einfach, zeitweise glich der Weg einem Kugellager, die Fusssohlen brannten, das Wasser musste gut eingeteilt werden und Durst war oft mein Begleiter. Lange Passagen auf Asphalt galt es zurückzulegen, dann aber auch wieder phantastische alte Pfade und Saumwege. Biodiversität kann hier zwar vermutlich kaum ein Politiker richtig buchstabieren, dafür ist sie omnipräsent und einfach da, so wie es sein müsste, was bei uns rar oder bereits ausgerottet ist, ist hier – noch – Alltag. Dazu all die vielen unvergesslichen Begegnungen mit den Menschen, tiefes Eintauchen, den Puls des Landes in dieser schwierigen Zeit zu spüren und oft von der Gastfreundschaft überwältigt zu werden. Ja, und auch selber wieder einmal sehen, wieviel man aushält und erträgt, Grenzen suchen, sich weiter in Gelassenheit üben, voll und ganz im Hier und Jetzt leben, ohne Ablenkung und Fremdbestimmung, das sind wohl die wahren Werte und auch Privilegien einer solchen Tour.
In der Pension Saga in Gýtheio bin ich gut untergebracht, Zimmer mit Meerblick und Balkon, direkt über der geschäftigen Hafenpromenade, nicht ruhig, aber dafür sehr griechisch. Staub und Salz abduschen, das tut auch heute sehr wohl. Zum Z’Nacht Tzatziki, einen grossen Salat, Bergtee, was will frau noch mehr.
Donnerstag, 11. Mai 2017, Gýtheio/Γύθειο
Irgendwie geniesse ich nun diesen Nichts-tun-Tag in Gýtheio, er gibt mir Gelegenheit, langsam und schonend wieder in der modernen Welt anzukommen. Zeit, ein Bündel Postkarten zu schreiben, das Tagebuch nachzuführen, zu lesen, am Meer zu sitzen und zuzuschauen, wie die Kaíkis, die kleinen, bunt bemalten Fischerboote, sachte in den Wellen der Bucht schaukeln. Das Städtchen hat eine tolle Lage am Fuss einer Felswand, verwinkelte Gassen, aber hier spürt man die Krise wirklich. Viele Läden sind geschlossen und die Schaufenster mit Spanplatten zugenagelt, und die, die’s noch gibt, verfügen über ein sehr beschränktes Angebot. Gerne hätte ich noch ein paar Sachen wie Honig oder Bergtee nach Hause genommen, aber es gibt praktisch nichts zu kaufen. So bleibt wenigstens mein Gepäck leicht.
Bei zahlreichen Häusern wäre eine Renovation dringend nötig, und als ich gestern Abend ankam, fühlte ich mich in ein Land weit weg von Europa versetzt. Nur vorne an der langen Hafenpromenade wird renoviert, ein breiteres Trottoir erstellt und sind die Gebäude gut im Schuss, quasi für die Touristen, von denen es doch schon ein paar hat. Auch die Kaíkis, von denen viele abends respektive ganz früh am Morgen auf’s Meer hinausfahren, hätten eine Überholung nötig. Obwohl klar und sauber, gibt das Meer nicht mehr viel her, der Fang der Fischer ist nach jahrzehntelanger, gnadenloser Überfischung mager. Immerhin sieht man aber das eine oder andere Fischschwärmchen, sogar ein paar Meerjunker, und ein Messerfisch guckt mich auf meiner Abendvolta neugierig an.
Wegen der vielen Mosquitos schlafe ich miserabel, und am Morgen weisen die Wände zahlreiche rote Flecken auf, die von meinen nächtlichen Jagdversuchen zeugen. Arme Putzfrau
Freitag, 12. Mai 2017, Gýtheio/Γύθειο – Sparta/Σπάρτη – Athen/Αθήνα / Kifissú/Κιφισού – Athen Airport «Elevthérios Venizélos»/Αερολιμένας Αθηνών «Ελευθέριος Βενιζέλος» – Zürich-Kloten – Freidorf
Erstmals ist der Himmel von einer dicken, grauen Wolkendecke überzogen, was habe ich doch für ein Riesenwetterglück gehabt. Noch nie waren mir die Wettergötter im griechischen Frühling so hold wie dieses Mal, da ist Schwitzen in der Nachmittagshitze doch ein niedriger Preis!
Der Bus fährt um halb acht, das Billett habe ich vorgestern Abend noch gekauft. In einer Stunde sind wir in Sparta, zu Fuss benötigte ich für diese Strecke fünf Tage…. Frustriert? Nein, überhaupt nicht, nie erlebt man eine Landschaft so intensiv wie auf Schuster’s Rappen.
In der Argolída-Ebene stehen erstmals mehr Reben als Olivenbäume, hektarenweise, lange nicht so schön wie die Ölbäume. Nach dem Kanal von Korinth dann der für mich hässlichste Teil Griechenlands, Athen und seine Agglomeration, wo 40% der Griechen leben, fast schon ein Schock. Bin ich hier in Islamabad oder in einer europäischen Hauptstadt? Bettler, Obdachlose, überall Abfall, bröckelnde Fassaden, gestrandete Flüchtlinge aus aller Herren Länder, welche als fliegende Händler ein Auskommen zu finden versuchen. Im Zentrum Chaos, Verkehr, Schmutz, schlechte Luft, die Krise ist nicht nur sichtbar, sie hüllt einen regelrecht ein. Und doch, das Leben geht auch hier seinen Gang, und irgendwie sind sie zu bewundern, die BewohnerInnen dieses gebeutelten Landes.
Kifissú ist der grosse, im Zentrum gelegene Busbahnhof Athens, sehr geschäftig, und erst nach zwei Mal fragen finde ich den alten, klapprigen Stadtbus, der mich nach einer guten Stunde Fahrt beim modernen Flughafen wieder ausspuckt. Da alle Verbindungen pünktlich waren, auch das ist Griechenland, habe ich nun noch mehrere Stunden Zeit, bis mein Flug geht. Andererseits wollte ich es nicht riskieren, die spätere Verbindung ab Gýtheio zu nehmen, denn dann hätte es möglicherweise sehr knapp werden können. So kann ich in aller Ruhe mein e-Book fertig lesen, nachdem ich meinen Rucksack, notabene und für mich das erste Mal mit dem Smartphone, eingecheckt habe.
Der Flug verläuft ruhig, fast die ganze Zeit versperrt eine kompakte Wolkendecke die Sicht. Erst über dem Tirol klart es auf. Tief verschneite Berge werden sichtbar, der Anflug über den Bodensee, man kann das Tanklager von Häggenschwil, Romanshorn, die Dörflein im Klettgau, sogar die Kirche von Hallau, den Rheinfall und die Hegau-Vulkane erkennen. So schön sieht man es wirklich selten! Es ist unglaublich, uniform und satt grün, gelb leuchten die blühenden Rapsfelder.
Welcome back home – Καλώς ήρθατε στην Ελβετία!
Comments
Liebe Monika
Vielen Dank für den ausführlichen Bericht. Es ist schön zu erfahren, dass es dir so gut gegangen ist während der Peloponnes-Durchquerung. Vor allem freut mich, dass du nebst all dem Abenteuerlichen und der naturnahen Bege(h)gnungen auch nachhaltige Eindrücke von Leuten «am Wegrand» mitnehmen durftest. Dies finde ich immer so toll, wenn über Grenzen hinweg spontane Kontakte entstehen und dies ist in Griechenland immer noch sehr wohl möglich – auch wenn die Massenmedien in den letzten Jahren ein ganz anderes (schlichtweg falsches) Bild der Griechen in die Welt gesetzt haben. Leider meistens von Leuten verfasst, die sich weder mit Kultur und Land, noch mit der Bevölkerung auseinandergesetzt haben, geschweige denn in Kontakt mit ihnen gekommen sind. Denn wer sich wirklich damit auseinander setzt, dem passiert genau das, was dir passiert ist – er/sie erfährt Gastfreundschaft pur, ohne Hintergedanken.
Lieber Rolf,
Dein schöner Kommentar – vom Mister E4 persönlich! – hat mich sehr gefreut 🙂 Und du sprichst mir aus der Seele. Für Griechenland und seine Menschen wäre es wünschenswert. wenn ganz viele solcher Begegnungen möglich werden würden.
monika
Liebe Monika,
danke für deinen ausführlichen Bericht über deine Peloponnes-Wanderung, den ich mit großem Interesse gelesen habe. Ich (w 65 Jahre) plane diese Tour im Sept./Okt. zu laufen und so wie es im Moment aussieht, werde ich mich alleine auf den Weg machen. Bist Du unterwegs mal wilden Hunden begegnet – davor hätte ich nämlich Angst.
Ich würde mich freuen, von Dir zu hören,
liebe Grüße
Irmi
Liebe Irmi,
Danke für deine Nachricht. Toll, dass du den E4 im Herbst unter die Füsse nehmen möchtest. Da darfst du dich jetzt schon darauf freuen!
Nun zu deiner Frage die Hunde betreffend. Wilde bzw. verwilderte Hunde habe ich nie angetroffen. Du wirst aber öfter einer Schaf- oder Ziegenherde begegnen, welche von Hütehunden bewacht und beschützt wird. Diese Hunde erfüllen ihre Aufgabe sehr gewissenhaft. Daher ist es sehr wichtig, dass man einige Verhaltensregeln beachtet. Nähere dich niemals direkt einer Herde, sondern umgehe diese in einem weiten Bogen. Die Hunde halten sich in der Regel an der Peripherie der Herde auf, und du kannst sie gut sehen und auch hören. Sollten die Hunde trotzdem auf dich zukommen, versuche langsam, mit gesenktem Blick, retour zu gehen, aber nicht zu rennen. Sollte es wirklich einmal kritisch werden, was ich aber nur einmal, wie im Bericht beschrieben, in Perthori bei einem Bauernhof erlebt habe, dann hilft nur Steine werfen und möglichst auch zu treffen, am besten am Kopf. Bitte versteh mich nun nicht falsch. Ich mag Hunde sehr gerne, aber in ganz seltenen Fällen hilft nur diese deutliche Sprache.
Darf ich dir noch einen Ratschlag geben? Der E4 ist vielerorts sehr gut markiert, dennoch würde ich dir empfehlen, sofern du dies nicht bereits getan hast, die sehr guten topographischen Karten von Anávasi in’s Gepäck zu nehmen.
Ich wünsche dir frohes Vorbereiten, eine gelungene Tour, und es würde mich natürlich freuen, anschliessend kurz von dir zu hören 😊
Herzlich, Monika
Liebe Monika
Welch grossartiges Erlebnis! Die Illustration lässt den Leser die spannenden Erlebnisse fast in Echtzeit miterleben. Ich freue mich mit dir, dass du die Motivation und auch den Mut hast, solche Abenteuer im Alleingang zu unternehmen. Davon kannst du zeitlebens – auch in fortgeschrittenen Jahren – zehren. So wird die «Batterie» nie leer.
Es ist wertvoll, dass du deine Mitmenschen an deinem abwechslungsreichen Leben teilhaben lässt.
Vielen Dank und weiterhin nachhaltige und unfallfreie Unternehmungen.
Herzlichst dein Papi
Lieber PApi,
Vielen Dank für deine Gedanken und dass du dich für ein Stündlein auf den Peloponnes hast entführen lassen. Reisen kann auch «auf dem Sofa» inspierierend sein 🙂
monika
Liebe Monika
deinen Bericht habe ich mit Hochgenuss gelesen und mich gleich in die Landschaft versetzt gefühlt. Linus würde wohl sagen, es sei viel zu viel Text, im Internet wollen Leute mehrheitlich Bilder sehen, aber wir «old fashioned people» geniessen es halt durchaus, über Text zu Eindrücken zu kommen…. Bravo!
Christa