Ziemlich spontan habe ich mich für den ZUT 2014 angemeldet. Der Ultratrail über 100 km war mir dieses Jahr eine Nummer zu gross. Zwei Läufe dieses Umfangs innerhalb von zwei Monaten sind mir zu viel, andere Dinge brauchen auch ihren Raum in meinem Leben. Zudem hätte eine Anmeldung auf die 100-er Strecke meinen familieninternen Ruf gefährdet, da ich daheim jeweils für die Vernunft zuständig bin. Auf der anderen Seite hat mir der ZUT letztes Jahr sehr gut gefallen, so dass ich eine der Strecken auch dieses Jahr wieder laufen wollte. Der Entscheid fiel auf den Supertrail mit 60 km und 3000 Höhenmeter Aufstieg. Das ist schon ein veritabler Ultra, aber nicht so lang, dass man wieder ein Hotelzimmer buchen muss, obwohl man die Nacht irgendwo in den Bergen beim Laufen verbringt.
Am Freitag treffe ich in Grainau ein, liefere einen Kuchen ab (Kuchen von Läufern für Läufer – Danke Monika!) und checke ein, Startnummer holen, Expo, etc. Dabei treffe ich auf eine Gruppe von Läufern, die alle das Kopftuch vom Ultramallorca tragen. Es entwickelt sich ein lebhaftes Gespräch. Sie sind überrascht, dass sie einen Schweizer treffen, der an ihrem Ultra teilgenommen hat. Wir plaudern miteinander und wünschen uns schliesslich einen guten Lauf. Bei der Pastaparty werden gigantische Portionen verdrückt, auch ich gebe mir alle Mühe, so dass meine Depots am Ende gefüllt sind. Dann treffe ich Volker, mit dem ich letztes Jahr die ganze Schlusssteigung bis zum Zieleinlauf gemeinsam gelaufen bin. Er läuft die lange Runde. Angereist ist er die 300 km mit dem Fahrrad in zwei Tagen. Und so wie ich ihn kenne, wird er die Heimreise entsprechend gleich abspulen – da hat einer einfach zu viel Power! Nach dem Sicherheits- und Streckenbriefing fahre ich in die Pension. Beim Packen des Laufrucksacks (nochmals alles checken, es gibt Kontrollen) läuft der Fernseher, Fussball WM halt. Die Schweizer Fussballer machen es mir einfach. Ich muss die zweite Halbzeit gegen Frankreich nicht mehr schauen und kann schlafen gehen.
Samstag um 9 Uhr fällt in Leutasch der Startschuss mit dem obligaten musikalischen ZUT Weckruf „Highway to Hell“. Eine halbe Stunde später sind wir Läufer in der langen Steigung zum Scharnitzjoch und jeder ist nun mit sich beschäftigt – das ist Trailrunning. Der Morgen ist magisch, kühle Bergluft, die Aussicht auf die Berge wird frei, der Körper arbeitet. Mein Formaufbau war 2014 auf April ausgerichtet. So ist es für mich klar, dass ich heute etwas dosiert laufen muss. Dass ich die Strecke kenne, hilft mir bei der Einteilung sehr. Die sechs Verpflegungsposten sind bestens ausgestattet. Ich esse Melonen- und Orangenschnitze, Salzgebäck und trinke meistens nur Wasser, gegen Ende auch Cola. Einmal helfen ein Brownie und ein guter Kaffee gegen die langsam aufkommende Abneigung gegen Essen. „All you can eat“, und das alle paar Kilometer — eigentlich seltsam, dass nicht mehr Leute diese Gelegenheit nutzen 😉
Nach 40 Kilometer sind wir auf 810 Meter Höhe, der lange Schlussaufstieg auf 2029 Meter beginnt. Da ich die Strecke kenne, laufe ich stoisch weiter und arbeite mich langsam den Berg hinauf. Dieser Aufstieg ist lang und erscheint endlos. Vor allem der Abschnitt im Wald zieht sich lange hin, da man statt eines Fortschritts nur Bäume sieht. Ich sehe den letzten Streckenteil nun bei Tag, während ich letztes Jahr beim 100 km Lauf diesen Abschnitt bei Vollmond gelaufen bin. Wieder bei der Verpflegungsstelle Längenfelder angekommen (diesen Posten passiert man beim Auf- und Abstieg zum Osterfelderkopf) fehlen noch 6 Kilometer. Und dafür gibt es nur noch eine Richtung — downhill. In Grainau laufe ich nach 10:50 Stunden im Ziel ein.
Am Sonntagmorgen sitze ich beim Zieleinlauf und geniesse Weisswürste und Brezen. Nächstes Jahr muss ich wohl wieder kommen, dann kann ich dieses Ritual zur Tradition erklären. Ich sehe die letzten der 100 km Läufer ins Ziel kommen. Diese sind mehr als 25 Stunden unterwegs gewesen, aber sie haben es vor Kontrollschluss geschafft und sind entsprechend zufrieden. Respekt!
Mein Fazit zum ZUT Supertrail:
- Strecke: 60.7 km, 2973 Höhenmeter Aufstieg und 3300 Meter Abstieg
- Informationen zum Lauf und Anmeldung: Passt. Das Briefing am Vorabend wie immer sehr ausführlich.
- Organisation während des Laufs: Sehr gut, Strecke ist gut markiert. Kontrolle der Pflichtausrüstung am Start (alle) und auf der Strecke (ich wurde auf der Strecke nicht kontrolliert)
- Verpflegung: Top! Gute Auswahl, genügend Platz, kalte und warme Getränke. Beim Nachfüllen der eigenen Beutel und Flaschen halfen die vielen Freiwilligen mit, so dass die anderen Zapfstellen frei blieben für andere Läufer
- Schöne Trails, die alpinen Abschnitte sind meistens sehr schön zu laufen, teilweise Forststrassen, nur zwei Passagen auf Asphalt. Streckenführung ist gut: Die 4 Distanzen waren gut organisiert und separiert, so dass es keine Störungen gab, obwohl alle vier Kategorien nach dem Startabschnitt auf die Originalstrecke geführt wurden.
- Mir gefällt der sympathische Mix: Ein professionell organisierter Event auf der einen Seite. Dem steht eine urchige, authentische und traditionelle Seite gegenüber. Die Trachten und die Musik, das Fest, die Reden der Bürgermeister, Kaffee und Kuchen vom Frauenverein. All das ist ZUT.
Ausrüstung:
- Schuhe: Salomon Speedcross 3
- Stöcke: Leki Micro Carbon Sticks
- Laufrucksack: Salomon Slab12 (kleiner geht nicht, da einiges an Pflichtausrüstung gefordert ist)